VERÄNDERTE (DIGITALE) ZEIT-RÄUME DER PEERS? – JUGENDKULTURELLE PRAXEN ZWISCHEN GEWISSHEIT UND VERGEWISSERUNG IM GESELLSCHAFTLICHEN TRANSFORMATIONSPROZESS

Yağmur Mengilli und Sina-Mareen Köhler

1. Einführung: Die Hervorbringung von Jugenden im Zuge gesellschaftlicher Transformation

Mit der Etablierung reformpädagogischer Strömungen entwickelten sich Auseinandersetzungen mit der Bedeutung von Räumlichkeiten für Erziehungs-, Lern- und Bildungsprozesse (vgl. Dornbach 2014). Wie sich Jugendliche gesellschaftliche Räume aneignen und diese hervorbringen, stellt seit Jahrzehnten einen empirischen Forschungsgegenstand dar. Bislang wurde die Bedeutung von Zeitlichkeit nur marginal untersucht und empirische Studien zu den Zeitvorstellungen und -praxen von Kindern und Jugendlichen stellten in den Sozialwissenschaften eher eine Nische dar (vgl. Köhler/Lindmeier 2022). Die im Zuge der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie erlebten Veränderungen von Tagesrhythmen und Räumlichkeiten treiben die Diskurse zu neuen Zeitraumverhältnissen an (vgl. Stauber 2021; Rinderspacher 2022). Aus der Perspektive einer erziehungswissenschaftlichen Jugendforschung greift der vorliegende Beitrag dieses Themenfeld anhand der Befunde zweier Projekte auf und untersucht explorativ grundlagentheoretisch einzelne Facetten von Zeit-Raum-Verhältnissen im Jugendalter. Zentral ist dabei die Frage danach, wie junge Menschen im Kreise ihrer Peers mit Zeit umgehen und wie sie dies mit spezifischen Raumnutzungen verbinden. Ausgehend von der Annahme, dass im sozialisatorischen Interdependenzverhältnis enge Freundschaften eine Bedeutung für den Lebensalltag haben und die biografische Selbstvergewisserung als Bearbeitung von Zukunftsoffenheit als Kontingenz moderner Gesellschaften notwendig ist, wird diesen Fragen nachgegangen. Ziel des Beitrages ist es, die Bedeutsamkeit der Peers für die Auseinandersetzung und Bewältigung von Zeit-Raum-Verhältnissen auf dem Weg ins Erwachsenenalter aus subjektiver Perspektive nachzuzeichnen. Hierzu wird zunächst der jugendtheoretische Hintergrund der beiden Studien mit Bezug zur Zeitforschung entfaltet (2.). Daran anknüpfend werden aktuelle Befunde zu Gleichaltrigenbeziehungen zusammengetragen (3.) und die relevanten Ergebnisse der Forschungen zu den Übergängen von Heranwachsenden im gesellschaftlichen Kontext skizziert (4.). Das Herzstück des Beitrages stellt die fokussierte Darstellung zentraler Befunde von zwei Forschungsprojekten dar (5.). Abschließend wird ein Fazit mit Hinweisen auf weitere Forschungsnotwendigkeiten gezogen (6.).

2. Jugend und komplexe gesellschaftliche Zeit-Raum-Verhältnisse

Der Jugendbegriff wird im wissenschaftlichen Diskurs aus zeittheoretischer Perspektive mehrfach entworfen, denn er kann sowohl auf eine Zeitspanne im biografischen Lebensverlauf rekurrieren als auch gesellschaftlich festgelegte Altersspannen umreißen, die bestimmte Freiheiten und Zwänge wie Geschäftsfähigkeit, Strafbarkeit und politische Mündigkeit vorsehen (vgl. Sander/Witte 2015, 725; Wiezorek 2020, 72). Die Jugendphase ist strukturell zudem als ein Bildungsmoratorium und Möglichkeitsraum angelegt, der in Wohlfahrtstaaten einer Generation als Zeitspanne zur Entwicklung zugesprochen und auch von dieser Generation eingefordert wird (vgl. King 2020).

Seit den Anfängen des Denkens und Forschens über Zeitlichkeit wird ein Dualismus zwischen metrischer und erlebter Zeit in je verschiedener Konzeptionierung angenommen. Beispielsweise werden Unterschiede zwischen Sozial- und Eigenzeit oder äußerer und innerer Zeit konstatiert (vgl. Schmidt-Lauff 2012). Im Rahmen des interdisziplinären Konglomerats einer sozialwissenschaftlichen Zeitforschung werden aktuell vor allem Untersuchungen zu den Zeitperspektiven von jungen Menschen, den Berufs- und Zukunftsvorstellungen von Jugendlichen (Köhler et al. 2016; Köhler/Zschach 2022; Morsanyi/Fogarasi 2014), zu Jugendkultur und Freizeitverhalten (Harring/Burger 2013; Fraji et al. 2015; Lindmeier/Bickes 2015) und zur Bedeutung von Zeit für soziale Ungleichheitsverhältnisse (vgl. Leccardi 2021) durchgeführt. Insbesondere soziologische Zeitdiagnosen weisen beständig auf Zeitlichkeit in der Spätmoderne als beschleunigt, verdichtet und flexibel hin sowie auf die Bewältigung von Synchronisationsanforderungen (Schmidt-Lauff 2012). Anschlussfähig und bereichernd ist für den vorliegenden Beitrag das Konzept des „Time Work“ (Leccardi 2021), in dem davon ausgegangen wird, dass strukturell bestimmte zeitbezogene Anforderungen als Zeitregime an Jugendliche gestellt werden, die sie in alltäglichen Zeitpraktiken bewältigen und gleichfalls mit hervorbringen. Dabei können mit einer qualitativen Zugriffsweise die Zeitraumvorstellungen und damit verbundenen Erfahrungen betrachtet werden:

„Über Zeit sprechen wir nicht nur wie über eine begrenzte Ressource, sondern auch wie über ein bewegliches Objekt (vgl. Lakoff/Johnson 1998, 55 ff.), wobei wir interessanterweise in Bezug auf uns selbst, die Zeit sowohl als beweglich konzipieren („Die Zeit läuft mir davon.“, aber auch: „Die Zeit will einfach nicht vergehen.“) als auch uns selbst als beweglich in einer „stehenden“ Zeit („Wir nähern uns dem Ende der Urlaubszeit.“). Solche Formulierungen bringen – je nach Perspektive – auch unser subjektiv erlebtes Verhältnis zu Zeit und damit unser Zeitgefühl sprachlich zum Ausdruck“ (Billmann-Mahecha 2020, 342).

Junge Menschen erleben, bearbeiten und teilen jugendspezifische Anforderungen miteinander, demnach kann Jugend als räumliche Beziehungspraxis in der Zeit, also als Doing Youth bezeichnet werden (vgl. Grundmann 2020). Was junge Menschen miteinander erleben und wie sie ihre Zeiträume (aus)gestalten, lässt sich unter anderem mit der Betrachtung von Peergroups und deren Dynamiken erhellen und hier auf die Frage der Auseinandersetzung und Bewältigung mit gesellschaftlichen Zeit-Raum-Verhältnissen ausrichten. Im folgenden Kapitel werden hierzu zentrale Befunde der Peerforschung zusammengetragen und dabei wird die Auseinandersetzung mit dem schulischen Sozialisationskontext als einem ersten gesellschaftlich zentralen Taktgeber des Jugendalters fokussiert. Daran anknüpfend werden in Kapitel 4 die sich mit dem Älterwerden immer komplexer formierenden zeitbezogenen externen Anforderungen skizziert und dabei wird auf die Notwendigkeit von biografischen Vergewisserungspraxen für die zeitliche Kontingenzbewältigung verwiesen.

3. Peersozialisation im Zeit-Raum-Verhältnis

Die historische Schaffung von Jugenden mit den mittlerweile vielschichtigen (Bildungs-)Moratorien geht mit der Ermöglichung von Freiräumen für Vergemeinschaftungsprozesse der Peers einher, die sich durch ein Ambivalenzverhältnis auszeichnen, denn während der Schulbesuch jugendliche Vergemeinschaftung ermöglicht, erscheint er gleichzeitig als vereinnahmend und fremdbestimmt (vgl. Helsper 2008). Schule als Zeitinstitution wird von Schmidt-Lauff (2012, 29) folgendermaßen beschrieben: „Bis heute werden die soziale Gewöhnung an Zeit und das Erlernen von Zeitkompetenz über Schule, Lehrpläne, Curricula, Inhalte als zentrale Effekte von Erziehung und Bildung verstanden“.

Die Funktion und Bedeutung von Peergruppen als eine Sozialisationsinstanz reicht von den eher raumzeitlich freien informellen Bildungsorten (vgl. Krüger 2016) über Persönlichkeitsentwicklung und Biografisierung als Verzeitlichung des eigenen Lebens (vgl. Köhler 2022) bis hin zur jugendspezifischen Erfahrungsbildung (vgl. Bohnsack 1989) und jugendkultureller Ausgestaltung von Zeit-Raum-Verhältnissen. Der Begriff „Peer“ verweist auf den gleichen sozialen Status der Gruppenmitglieder, die gemeinsam ihre Freizeit gestalten und sich aufeinander beziehen (vgl. Amling 2015, 44 f.). Die Peergruppe als sozialer Zusammenhang sowie die Peers mit ihren sozialen Beziehungen untereinander können sowohl als beste Freund*innen den Lebensalltag bereichern, aber auch im Zusammenhang mit Mobbing und Aggression eine große Belastung darstellen (vgl. Köhler et al. 2016). Peergruppen gelten demnach als Orte der Vergemeinschaftung und Distinktion (vgl. Hitzler/Niederbacher 2010; Eulenbach et al. 2020; Rieker 2020), in denen Kompetenzen erworben und jugendkulturelle Praktiken herausgebildet werden (vgl. Köhler et al. 2016, 11). Gleichzeitig werden Peergruppen im Zusammenhang mit delinquenten und aggressiven Verhaltensweisen thematisiert und die Gewalt innerhalb der Gruppe und nach außen zum Gegenstand der Forschung gemacht (vgl. Thole/Schoneville 2010, 158). Das Kriterium des „Vorhandenseins einer direkten Interaktion“ (vgl. Köhler 2022, 53) mit Gleichgesinnten und nicht nur Gleichaltrigen ist als vitale Peerbeziehung zu verstehen. Das Teilen des Tuns, Sprechens, Fühlens und Denkens in Peerkonstellationen gilt als soziale Praktik (vgl. Schatzki 2016). Gerade die in der Schule geknüpften Freundschaften bilden ein grundlegendes Erfahrungs- und Experimentierfeld für die Gestaltung aller weiteren Beziehungen im Lebensverlauf, z. B. zu Intimpartner*innen und Kolleg*innen am Arbeitsplatz (vgl. Schmidt-Denter 2005; Lenz/Nestmann 2009). Die engen reziproken Beziehungen ermöglichen kontinuierlich einzigartige Selbstbezüge und emotionale Öffnungsmöglichkeiten, die aus bildungstheoretischer Perspektive biografische Wandlungsprozesse konstruktiv flankieren (vgl. Krinninger 2009). Gleichwohl richten Peers auch wechselseitig zeiträumliche Erwartungen aneinander und haben Vorstellungen von einer guten Freundschaft, z. B. bezogen auf exklusive Zeiträume des Zusammenseins. Für das Aufwachsen in der Spätmoderne sind es diese Halt gebenden persönlichen Beziehungen, die den notwendigen Ausgleich schaffen, um die spannungsreichen institutionellen Rollenerwartungen und Leistungsansprüche im gesellschaftlichen Zeit-Raum-Verhältnis zu bewältigen (vgl. Ecarius 2020; Mengilli 2023). Mit zunehmendem Alter sind es die Synchronisationsleistungen, die sich auf viele verschiedene Sozialisationskontexte beziehen und sich nicht nur auf den aktuellen Alltag, sondern auch die fernere Zukunft richten, wie das folgende Kapitel näher skizziert.

4. Peervergewisserung komplexer gesellschaftlicher Zeit-Räume

Wann, wie, wo und was junge Menschen gemeinsam machen, hängt mit eigenen und kollektiven Interessen, Positionierungen und auch Platzierungen zusammen. Solche Prozesse sind nicht selbstverständlich und brauchen Vergewisserung, denn „es ist ein Unbehagen, das die Positionierung des Einzelnen in seinen sozialen Bezügen meint, es ist die Asymmetrie zwischen den Ansprüchen der ‚Kultur‘ und den individuellen Ressourcen und Möglichkeiten“ (Nassehi 2021, 13). Die Sorge darum, nicht allen Anforderungen gerecht zu werden und zu versagen, ist Ausdruck von Überwältigungsgefühlen. Zwar verspricht die Übernahme von komplexen Rollenerwartungen in den miteinander verwobenen Sozialisationskontexten mitsamt den je spezifischen zeiträumlichen Anforderungen, eine eigene gesellschaftliche Position zu finden, aber auch die Art und Weise der Darbietung ist wichtig: „Nicht, dass wir Rollen spielen, ist, so hat sich gezeigt, das Problem, sondern wie wir sie spielen. Wo Rollen also ‚entfremdend‘ wirken, zeigen sich Defizite der Rolle selbst und Defizite in der Weise ihrer Aneignung“ (Jaeggi 2016, 137). Die Befürchtung, keine eigene gesellschaftliche Stellung zu finden, kann als Begleiterscheinung von Flexibilisierung als Teil des anhaltenden Prozesses der sozialen Beschleunigung betrachtet werden (vgl. Rosa 2019, 58). Während junge Menschen sich also mit den Rollenerwartungen und der Integration in die Gesellschaft auseinandersetzen und daran abarbeiten, sind sie zugleich mit Unsicherheit und Instabilität konfrontiert. Das führt zu einem Dilemma, denn der obligatorische Schulbesuch erscheint als vermeintlicher Garant gesellschaftlicher Integration und erweist sich zugleich als Alibifunktion. Ob eine Rolle gut gespielt wird bzw. wie die künftige Rolle so aufgeführt wird, dass sie andere und sich selbst zufriedenstellt, ist längst nicht mehr abzusehen. In der Gruppe können gemeinsam Unsicherheiten und Unwägbarkeiten bearbeitet werden, denn

[i]n einer Gemeinschaft herrscht gegenseitiges Verständnis, wir können auf das vertrauen, was man uns sagt, es gibt so gut wie nichts Ungewisses, Verwirrendes oder Überraschendes. Niemand ist uns hier fremd. Zwar streiten wir uns zuweilen, doch geschieht dies in Form freundschaftlicher Auseinandersetzung. (Bauman 2009, 8)

Im Rahmen der Forschungslinien zu der reflexiven Übergangsforschung wird sich mit komplexen diskursiven, institutionellen und (inter-)subjektiven Herstellungs- und Gestaltungsprozessen von Übergängen im Lebenslauf auseinandergesetzt (vgl. Walther et al. 2020). Dabei wird die Relevanz der Übergangsregime, die sich in Wohlfahrtsstaaten unterschiedlich entfalten, relevant, denn die Wirkungszusammenhänge zwischen dem staatlichen Handeln und den Institutionen stellen die Rahmenbedingungen für Lebenslaufregime und das „Doing Transition“ dar (vgl. Walther 2020). Wie Peers in ungewissen Zeiten Vergewisserung im Lebenslauf herstellen und mit den gesellschaftlichen Rahmungen umgehen, soll im Folgenden empirisch mit Bezugnahme auf die Synchronisation von Vergangenem, Aktuellem und Künftigem aufgezeigt werden.

5. Empirische Rekonstruktionen des Umgangs mit gesellschaftlichen Anforderungen im Zeit-Raum-Verhältnis

Basierend auf den skizzierten Forschungsdiskursen sowie den relevanten Gegenstandskonzeptionen werden Peers als Sozialisationsinstanz der Spätmoderne untersucht, die in der Verwobenheit mit verschiedenen (digitalen) Räumen im sozialisatorischen Interdependenzverhältnis praktisch eine Übereinstimmung herstellt und so in der Vergewisserung der eigenen Beziehungsnähe eine Bearbeitung von gesellschaftlichen Erwartungen als Auseinandersetzung mit den Synchronisationsanforderungen leistet. Wie Jugendliche im Kreise der Peers kollektive Vergewisserung, aber auch für sich individuell im Modus der biografischen Selbstvergewisserung (vgl. Marotzki 1990, 104) diese Anforderungen bearbeiten, wird im Folgenden anhand kontrastierender empirischer Fälle aufgezeigt, die aus zwei Forschungszusammenhängen stammen, in denen Herstellungsweisen von Peerbeziehungen mit der Dokumentarischen Methode rekonstruiert werden (vgl. Bohnsack 2021). Auf der Basis von in offenen und flexiblen Befragungssettings erhobenen Interviews und Gruppendiskussionen wird anhand von Transkriptausschnitten zunächst herausgearbeitet, inwiefern sich die Peers in (digitalen) Zeit-Räumen orientieren und mit welchen Vergewisserungsweisen Kontingenzen bearbeiten werden.

In der Studie „Chillen als jugendkulturelle Praxis“ (Mengilli 2023) wurde der Bedeutung der gemeinsamen Praktiken und Erfahrungen im Zusammenhang der Thematisierung des Chillens als eigene Zeit in Peergruppen nachgegangen (vgl. Mengilli 2023). Im großstädtischen Raum wurden sieben Peergroups aus unterschiedlichen Kontexten wie beispielsweise Offenen Jugendeinrichtungen, jugendkulturellen Szenen und Sportvereinen mittels Gruppendiskussionen befragt. Am Beispiel der Praxis des Chillens wird aufgezeigt, wie sich Jugendliche dabei auf eine praktische räumliche Nähe beziehen und welche Relevanz Zeitlichkeit für Praktiken der Vergewisserung hat.

Demgegenüber fokussiert die Studie „Peerbeziehungen und Partizipation im Wandel anlässlich der Covid-19-Pandemie (PeerPartiCo)“ die Gleichaltrigenbeziehungen von 12- bis 15-Jährigen in ihrer Relevanz für die politische und schulische Sozialisation anhand von 20 narrativen biografischen Interviews und Gruppendiskussionen. Fokussiert wird dabei die Unterstützung jüngerer Jugendlicher mit einem erhöhten Exklusionsrisiko durch ihre Peers während der Pandemie und deren Umgang mit den massiven zeiträumlichen Eingriffen (bildungs-)politischer Akteur*innen. Erste Rekonstruktionen zeigen bereits, dass je nach Umsetzung des „Fernunterrichtes“ Phasen der Be- und Entschleunigung im Digitalisierungsprozess mit zeiträumlichen Entgrenzungen von Schul- und Freizeit erfahren wurden.[1]

Mit der Untersuchung von spätmodernen Sozialisationsdynamiken als einem Interdependenzverhältnis verschiedener Sozialisationskontexte wird grundlagentheoretisch mit den Prämissen einer praxeologischen Wissenssoziologie davon ausgegangen, dass Sozialisationsprozesse individuell wie kollektiv praktisch vollzogen werden und damit die Emergenz von implizitem Wissen als ein Tacit Knowledge einhergeht (vgl. Mannheim 1980; Bourdieu 2001; Bohnsack 2021). Aus Perspektive einer zeit- und biografietheoretischen Bildungsforschung wird darüber hinaus das explizite Wissen auf Zeit-Raum-Verhältnisse bezogen untersucht (vgl. Marotzki 1990; Schmidt-Lauff 2012). Dies ermöglicht näher und aus der Perspektive der Jugendlichen selbst die gesellschaftlichen Synchronisationsanforderungen als ein „Time Work“ zu eruieren.

5.1 Die Herstellung von Zeiträumen beim Chillen

Den Moment genießen, zusammen im Flow sein, die Umgebung vergessen, Spaß haben und dabei an alles andere als an Verpflichtungen zu denken, zeichnet Situationen des Chillens aus. Dazu braucht es neben der Peergroup zeitliche Nischen, Orte und einen spezifischen Modus. Auf der Grundlage von sieben Gruppendiskussionen mit 14- bis 27-Jährigen wurden in der Studie „Chillen als jugendkulturelle Praxis“ (Mengilli 2023) in einer komparativen Analyse herausgestellt, dass sich der Alltag der Peers entlang der Sphären „eigene Interessen“, „Peergroup“, „Familie“ und „formale Bildung“ oder „Erwerbsarbeit“ aufspannt (vgl. Mengilli 2023). Formale Bildung und Erwerbsarbeit werden von den Peers als besonders vereinnahmend und fremdbestimmt thematisiert. Es zeigt sich, dass sich die jungen Menschen in unterschiedlicher Art und Weise bei der Bearbeitung dieser Fremdheitserfahrungen aufeinander beziehen. Um gemeinsame Erfahrungen als Peergroup zu sammeln, müssen junge Menschen sich Zeiträume für Treffen schaffen, denn während einige sich der Zugehörigkeit zur Peergruppe gewiss sind, müssen sich andere kontinuierlich darüber vergewissern. Deutlich wird, dass auch die Entstehung der Peergroup und ob man dabei ist oder nicht, nicht selbstverständlich, sondern mit zeitlichen Budgetierungen und Bezugnahmen sowie Ungewissheiten verbunden sind. Die untersuchten Gruppen arbeiten sich alle am Umgang mit den zeitlich einnehmenden Anforderungen ab und versuchen, im Alltag über das Chillen Zeiträume für Eigenes herzustellen. Zeit und Zeitlichkeit werden für die Peergroups mehrfach relevant: im Alltag und den erlebten zeitlichen Beschränkungen sowie der Notwendigkeit des damit zusammenhängenden Zeitmanagements, mit der zeitlichen Entgrenzung im Sinne des Abtauchens im Moment, mit der Erlebnisqualität von Zeit sowie mit dem Bruch routinierter Abläufe für die Herstellung eigener Zeiträume.

In den jeweiligen Lebenszusammenhängen werden zeitliche Vereinnahmungen und Beschränkungen thematisiert. Naima – eine Besucherin eines Mädchentags einer Jugendeinrichtung (Gruppe GIRLSDAY) – beschreibt die enge Taktung des Alltags:

Naima: man hat immer diesen geplanten Ablauf heute steh ich um acht Uhr auf dann geh ich zur Schule dann komm ich nach Hause dann geh ich lernen dann dann äh sitz ich ein bisschen und dann geh ich direkt schlafen (.) des is immer dieser Ablauf (.) deswegen freut man sich auch immer auf die Ferien (..) weil des is ein anderer Ablauf da (..) macht man andere Sachen als der gewöhnliche Ablauf und is auch mit chillen so glaub ich (.) weil wenn ich nich chilln könnte wenigstens eine Stunde am Tag [...] in mein Leben ich würd heuln @(.)@ ich würd wirklich heuln (GD GIRLSDAY, 952–958)

Täglich wiederkehrende Vereinnahmungen sind über den Schulbesuch in den Alltag eingelagert. Naimas Tagesablauf strukturiert sich entlang der externen Anforderungen, die sie erfüllen muss: morgens aufstehen, der Schulbesuch, die Rückkehr nach Hause, die Erledigung der Hausaufgaben, eine Pause und zu Bett gehen. Die Ferien erscheinen als Lichtblick, denn sie schaffen Zeiträume für den Bruch mit der Monotonie des Alltags. In dieser exklusiven Zeit sind Zerstreuung, Abwechslung und eine eigene Budgetierung von Zeit möglich. Den thematisierten kontinuierlichen Leistungsmodus kann Naima bewältigen, indem sie sich das Chillen als eigenen Zeitraum täglich nimmt. Die Wichtigkeit und Dringlichkeit dieser Nischen im Alltag werden durch die geschilderte Emotionalität verdeutlicht, denn ohne eine Stunde Zeit zum Chillen wäre sie verzweifelt. Dem Chillen kommt die Qualität der Aufwertung des Alltags zu, welche gleichzeitig die Bearbeitung alltäglicher zeitlicher Anforderungen bedingt.

Eine ähnliche Vereinnahmung beschreiben Luka und Felix als Eishockeyspieler eines Sportvereins (Gruppe COACH). Die eigene und fremde Budgetierung von Zeit hängt mit den Be- und Entgrenzungen des Chillens zusammen:

Luka: ich bin viel in der Schule hab viel zu lernen (.) hab wirklich auch (.) oft in letzter Zeit sagen müssen jaa Freitag Samstag Jungs geht nicht ich muss lernen ich muss arbeiten so was (.) deswegen jetzt sind Ferien jetzt kann man leben (2)

Felix: bei mir is genau das Gegenteil ich kann fett chillen ich hab immer um @eins Schule aus@ (2) ich kiff den ganzen Tag nur (GD COACH, 45–49)

Während für Luka die Schule je nach Anforderungsleistung im Vordergrund steht und er die Treffen mit der Peergroup daher sogar am Wochenende ausfallen lassen muss, ist für Felix das frühe Ende des Schultags mit einer gesteigerten Intensität des „fett“ Chillens verbunden. Für Luka hängen Momente des Chillens mit einer spezifischen Lebensqualität, die auch in den Ferien als flexible Zeiträume erfahren wird, zusammen. Felix kann sich aufgrund der frei verfügbaren Zeit diese Flexibilität auch während des Schulalltags einräumen. Deutlich wird hier die besondere Qualität des Chillens, die individuell und auch im Kollektiv gelebt werden kann. Gleichzeitig bringt die Notwendigkeit, sich mit aktuellen Anforderungen auseinanderzusetzen, eine stetige Neugestaltung von Zeitrahmen mit sich. Luka muss, um die zeitweise steigenden Leistungsabfragen zu bewältigen, auch am eigentlich freien Wochenende Zeit für schulische Vorbereitungen aufbringen. Er muss seine Zeitregime kontinuierlich den zu bewältigenden Aufgaben entsprechend anpassen, um den Leistungsimperativen gerecht zu werden.

Die Atmosphäre beim Chillen beschreibt Naomi – eine Mitbewohnerin einer Wohngemeinschaft (Gruppe WG) – als frei von Vereinnahmungen:

Naomi: irgendwie das in so ‘ner Atmosphäre ist dass man sich nicht unter Druck gesetzt fühlt also ich finde so Druck ist auch ganz wichtig beim Chillen (.) […] du musst es nicht machen du machst es weil du‘s gerne machst (GD WG, 461–464)

Die Stimmung, die beim Chillen hergestellt wird, zeichnet sich durch eine Leichtigkeit aus, die als positiver Horizont gelesen werden kann. Fremdansprüche und Zwang werden und bleiben beim Chillen ausgelagert, um das eigene Bedürfnis ins Zentrum zu rücken. Freude und Spaß zeichnen diese Zeiträume des Chillens aus. In Relation zu der zuvor von Naima beschriebenen Vereinnahmung und dem eng getakteten Alltag lässt sich erahnen, wie viel freie Zeit für solche Situationen zur Verfügung steht. Außerdem ist auch die Aufrechterhaltung einer solchen freien Zeit als Entlastung nicht selbstverständlich, denn Naomi muss sich von der bedrängenden Einwirkung von außen, also dem was sie als Druck bezeichnet, freimachen. Diese Qualität des Chillens bezieht sich ganz auf die gegenwärtige Situation und die Erfahrung, sich selbst erleben zu können.

Beim Chillen ist auch eine spezifische Erlebnisqualität wichtig, die im Kontrast zu anderen Aktivitäten steht. Naima (Gruppe GIRLSDAY) beschreibt diese Form der Enthebung aus dem Alltag:

Naima: beim Chilln ises so (.) scheiß drauf man merkt gar nich auch wie die Zeit vergeht (.) und man plant es nicht (.) da gehn wir jetzt hin wir setzen den Fuß um viertel vor fünf da und äh um viertel vor sechs da (.) man macht lässt es einfach auf sich zukommen (GD GIRLSDAY, 829–832)

Eine Entgrenzung des Zeitempfindens entsteht beim Chillen und drückt sich mit der Versunkenheit in der Situation aus. Das gemeinsame Erleben des Moments, ohne vereinnahmt zu werden, ermöglicht das Einlassen auf die aktuelle Situation. Alles Externe und auch die Zeit rücken in den Hintergrund, was im Gegensatz zu der sonst notwendigen Budgetierung und Planung ihrer Zeit steht. Die Vertrautheit, Offenheit, Ziellosigkeit, Flexibilität und die Aufgeschlossenheit gegenüber dem gegenwärtigen Moment in einer innigen, sicheren und entspannten Atmosphäre spielen beim Chillen eine zentrale Rolle. Die Offenheit, nichts planen zu wollen oder zu müssen, sondern alles auf sich zukommen zu lassen, ohne ein Zeitregime aufzustellen oder zu beachten, drückt den Modus der Peergruppe beim Chillen aus.

Zusammenfassend zeigen sich mit der Betrachtung von jugendkulturellen Praktiken und dem Bedeutungshorizont „Zeitlichkeit“ Bezugnahmen auf die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft. Zeitliche Vereinnahmungen rahmen den jugendlichen Alltag und strukturieren ihn zugleich, sodass Zeiträume für Eigenes im Kollektiv ermöglicht werden. Eine selbstbestimmte Einteilung von Zeiträumen ist im routinierten Alltag nur mühsam möglich und wird beispielsweise mit der Herstellung von Situationen des Chillens sowohl in der Peergroup als auch allein eingeräumt. Damit brechen junge Menschen mit der Monotonie des Alltags, um ihre eigenen Bedürfnisse mit einer spezifischen Erlebnisqualität ins Zentrum zu stellen. Über Praktiken der Grenzziehungen können so Zeiträume vom routinierten Alltag ausgelagert, aufrechterhalten und innerhalb der Peergroup vollzogen werden. Synchronisationsanforderungen zeigen sich in jugendkulturellen Praktiken insofern, indem sich auf Vergangenes bezogen wird, um als Peergruppen zusammen sein zu können, während gleichzeitig fremdbestimmte Anforderungen im Hier und Jetzt bewältigt werden.

5.2 Zeiträumliche Differenzerfahrungen in ihrer Relevanz für Peereinbindung und Bildungsteilhabe

In der DFG-Studie „Peerbeziehungen und Partizipation im Wandel anlässlich der Covid-19-Pandemie (PeerPartiCo)“ werden die pandemiebedingten zeiträumlichen Neuordnungen im Lebensalltag der jungen Jugendlichen eruiert. Dazu werden die expliziten Auseinandersetzungen mit Lebenszeit und Altersphasen im Sinne einer zeitsensiblen Längsschnittforschung (Köhler 2022) herausgearbeitet. Im Folgenden werden Ausschnitte aus narrativ biografischen Interviews einander gegenübergestellt. Im Fokus der Studie stehen 12- bis 15-Jährige, die aufgrund von verschiedenen Lernschwierigkeiten und/oder einer prekären Lebenslage mit höheren Exklusionsrisiken umgehen und bislang nur vereinzelt im Forschungsdiskurs zu den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie berücksichtigt wurden (Köhler/Zschach 2022). Nachfolgend werden zwei Ergebnislinien nachgezeichnet: Erstens werden zeiträumliche Differenzerfahrungen in ihrer Bedeutung für die gesellschaftliche und peerbezogene Inklusion rekonstruiert und zweitens wird das Erleben der zeiträumlichen Veränderungen für die schulische Leistungserbringung im Verlaufe der Pandemie betrachtet.

Der Wechsel des Wohnortes über nationalstaatliche Grenzen hinweg kann, wie im Falle des 14-Jährigen Firas, zu Erfahrungen von zeiträumlichen Differenzen führen und die In- bzw. Exklusionsprozesse in der Migration flankieren. Im Rahmen seiner Ersterzählung zum Umzug von Spanien nach Deutschland thematisiert Firas mehrere Anpassungsschwierigkeiten an die veränderten Zeiträume: „[N]achmittags Schule hatte ja bis sechzehn siebzehn Uhr manchmal (.) und (.) seitdem ich hier bin war das halt am Anfang für mich komisch (.) wegen den Schulzeiten“ (Firas, Interview, 14 f.). Gravierend war für ihn in der Phase des Ankommens, dass im Anschluss an den vergleichsweise kurzen Schultag das Draußen-Sein mit den Peers nicht unmittelbar gegeben war: „[U]nd hier ist es so (.) dann fragt man Freunde willst du rausgehen (.) nein ich kann nicht ich zock lieber kein Bock“ (Firas, 77 f.) An anderer Stelle des Interviews bemerkt er selbstkritisch die damit einhergehenden Veränderungen seiner Motivation einer aktiven Freizeitgestaltung, worin sich zusätzlich die Ablehnung von bestimmten digitalen Praxen dokumentiert: „[I]ch bin hier so richtig faul geworden so zu Hause zocken so (.) ne nicht so oft rausgehen mit Freunden am Handy stundenlang chillen“ (Firas, Interview, 71–73). Die digitale Verbundenheit mit anderen als Zocken und am Handy chillen rahmt er negativ und unterstreicht dies mit dem Hinweis auf Langwierigkeit als ein Erleben der zeitlichen Ausdehnung dieser Praxen. Drinnen chillen stellt für ihn gerade nicht die gewünschte Praxis der Bewältigung von externen Anforderungen dar, obwohl er diesem eine Funktion zuspricht: „[M]an hat da halt keine Lust auf die Lehrer muss man so chillen und zockt einfach stundenlang“ (Firas, Interview, 89 f.). Demgegenüber favorisiert Firas das zeiträumlich flexible Zusammensein mit seinen Freunden außerhalb der eigenen vier Wände. Im Verlaufe des Interviews wird nicht nur die durch die Schule erfahrene zeiträumliche Begrenzung und Belastung erlebt, sondern auch die Relevanz von Altersdifferenzen, die er ebenfalls auf die verschiedenen nationalstaatlichen Kulturräume zurückführt: „[H]ier (.) ist das so wie ich gemerkt habe wenn der Alter nicht passt dann sind wir nicht deine Freunde“ (Firas, Interview, 54 f.). Firas bezieht sich auf die neuen Freunde seines Bruders, die ihn als nur zwei Jahre Jüngeren nicht partizipieren lassen. Mit dieser doppelten Differenzerfahrung lässt sich zeigen, dass nicht nur Schule und Peer Culture im Spannungsverhältnis die Nutzung der Zeiträume konstituieren, sondern gleichfalls unabhängig vom schulischen Raum Jugendliche selbst altersbezogene Grenzen ziehen, woraus für Firas eine mehrfache Exklusionserfahrung resultiert.[2]

Mit den pandemiebedingt neuen Zeit-Raum-Formaten der Beschulung mittels selbständig zu erledigender meist wöchentlicher Arbeitspakete und/oder der Teilnahme an Videokonferenzen lassen sich vor allem negative zeiträumliche Erfahrungen rekonstruieren. Gleichwohl lassen sich auch positive Erfahrungen rekonstruieren. John besucht eine Förderschule mit Schwerpunkt im Bereich der motorischen Entwicklung und seine bisherige Schülerbiografie ist von negativen Erfahrungen aufgrund vieler gesundheitsbedingter Fehlzeiten und der Peerexklusion durchzogen. Im Lockdown hingegen nimmt er eine zentrale Rolle für seine Klassenkamerad*innen ein, da er die zeiträumliche Arbeitskoordination übernimmt:

alles zuhause und sowas und das hat halt das Zusammenleben von meiner Klasse gestärkt und man hat miteinander gelernt wie man mit Technik auch umgeht so also ich k- ko- hab mich ja schon gut ausgekannt vorher war halt son Lei-Leitwolf […] ich hab so hab‘s alles koordiniert hab auch viel Selbstständigkeit erlernt (John, Interview, 811–815)

Während der Covid-19-Pandemie erfährt er gewissermaßen Aufstiege („vom Außenseiter bin ich jetzt soo hochgerückt“ (John, Interview, 498)), die aus seiner vergleichsweise ausgeprägten digitalen Kompetenz resultieren. Diese kann im schulischen Digitalisierungsprozess vom kulturellen zum sozialen Kapital transformiert werden und bildet einen mehrfachen Inklusionsmechanismus. Der 15-Jährige erlebt ebenfalls diese Form der Kapitaltransformation. Allerdings dominiert hier die aufgrund der digitalen Kompetenzen höhere Motivation der möglichen Leistungssteigerung:

Yaron: ich muss ja ehrlich sagen ich war immer ein ziemlicher Quatschkopf und hab auch nie viel im Unterricht aufgepasst bei mir hat‘s dann erst klick gemacht wo jetzt Corona kam mit dem Homeschooling […] Aufgaben am PC machen sollten und so war ich immer einer der Schnellsten die das morgens gleich hochgeladen haben weil ich aber auch schon immer ich hab […] also ich hab immer am Mittwoch die Aufgaben für Donnerstag gemacht ungefähr so das heißt ich hatte ähm für den nächsten Tag gleich schon immer die Aufgaben und wenn ich zu viel Langeweile hatte oder weil‘s mir auch teilweise echt Spaß gemacht hat hab ich an einem Tag halt schon die Aufgaben für die nächsten drei Tage gemacht (Yaron, Interview, 202–215)

Das Erledigen der Schulaufgaben am PC bereitet Yaron Freude und führt zu einer vergleichsweise beschleunigten Arbeitsweise, durch die er sich von seinen Klassenkamerad*innen abhebt. Aufgrund von Langeweile erledigt er mehr Schulaufgaben am PC. Darüber hinaus ist es ihm möglich, zeitlich selbstbestimmt die Aufgaben zu bearbeiten, wodurch er in ein aufmerksames und effektives schulisches Lernen reinfindet. Yaron erfährt eine doppelte Aufwertung, da er nicht nur seinen Klassenkamerad*innen ein Stück voraus ist, sondern sich schulisch auch verbessert. Im Kontrast dazu lassen sich Schwierigkeiten mit der Anforderung des selbstgesteuerten Lernens feststellen, wie dies beispielsweise bei Anna der Fall ist:

man hat so schnell verschlafen so weil wenn du weißt dass du dahin gehen musst in die Schule (.) weißt du irgendwie du musst hingehen ob du willst oder nicht weil bei irgendso nem Internetmeeting denkst du so ja okay das ist nur ein Internetmeeting so du kannst mal auch verpassen aber dieses Verpassen Verpassen und Verpassen geben immer schlechte Noten und dadurch wäre ich fast sitzen geblieben @sogar@ (.) aber wegen Corona (Anna, Interview, 41–46)

Für Anna besteht eine Schwierigkeit darin, sich zu Hause für die morgendlichen Videokonferenzen zu motivieren. Der fehlende Ortswechsel vermindert den Druck zur Teilnahme am Unterricht. Somit lässt sich rekonstruieren, dass die schulische Leistungsanforderung als extern auferlegt erfahren wird, der sich im häuslichen Raum wesentlich leichter entzogen werden kann und Freiheiten mit sich bringt. Gleichzeitig dokumentieren sich der dramatische Leistungsabfall und die Schwierigkeit, diesen abzuwenden. Wie sich der pandemiebedingt veränderte Alltag auf das zeiträumliche Zusammensein der Peers auswirkt, dokumentiert der folgende Transkriptauszug der Gruppendiskussion mit Emma und Mike:

Emma: also ich find‘s ich fand‘s alles schön aber ich find‘s irgendwie jetzt in wo ich bin im Moment in meinem Alter denke ich mir das ist alles so schnell vergangen und das ist alles so lange her und das einfach im Moment alles viel schneller vergeht und das ich find das richtig komisch weil es ist einfach im Moment alles so komisch auch so mit Corona und deswegen joa die Weltkrieg keine Ahnung ja und all das vergeht die Zeit plötzlich richtig schnell

Mike: ja eigentlich war auch alles gut aber wegen Corona konnten wir uns dann äh auch nicht mehr so oft sehen weil Lockdown war und äh als ich Corona hatte konnte ich ja sowieso nicht raus (.) also wir haben manchmal haben wir so länger keinen Kontakt mehr aber dann so (.) haben wir wieder Kontakt also ist immer soo halt (.) wir haben mal Kontakt und dann haben wir bisschen nicht mehr Kontakt aber wenn der eine sich halt dann meldet (.) ja aber mit Lockdown war scheiße (.) man konnte nicht viel machen (.) man konnte nirgendswo rein in die Läden (.) alles war zu ja (3) (Emma und Mike, GD, 132–145)

Anhand der rekonstruierten Gruppendiskussionen lässt sich die große Bedeutung für die Umgangsweise mit den veränderten Zeiträumen erkennen. Die engen Freunde vergewissern sich einander und können als als Schicksalsgemeinschaft gut mit den Auswirkungen der Pandemie umgehen.

6. Fazit und Ausblick

In der Spätmoderne differenzieren sich Jugenden in unterschiedlichen Lebenslagen und –weisen aus und werden von mehreren Zeit-Raum-Regimen gerahmt. Welche Relevanz in der praktischen Hervorbringung Zeit-Raum-Verhältnissen zukommt und das Eingebundensein in der vertrauten Freundschaftsbeziehung, in der Peer Culture und auch den Klassenkamerad*innen für Jugendliche hat und wie sie darauf bezogen ihre Peerbeziehungen ausgestalten, wurde in diesem Beitrag anhand verschiedener empirischer Materialien thematisiert. Um die Bedeutsamkeit der Peers für die Auseinandersetzung mit und Bewältigung von Zeit-Raum-Verhältnissen auf dem Weg ins Erwachsenenalter aus subjektiver Perspektive nachzuzeichnen, wurden Auszüge aus Gruppendiskussionen und narrativ biografischen Interviews rekonstruiert. Wesentlich war dabei die Berücksichtigung lokaler und virtueller Zeit-Raum-Verhältnisse. In der Rekapitulation der empirischen Befunde aus der Perspektive einer kritisch-reflexiven praxeologischen Jugend- und Bildungsforschung lassen sich drei Ergebnislinien bündeln und an bestehende Forschungsdiskurse anschließen.

Erstens wurde ein Forschungsdesiderat der erziehungswissenschaftlichen Jugendforschung aufgegriffen, indem ein Anschluss an die sozialwissenschaftliche Zeitforschung hergestellt wurde. Die Zeitvorstellungen und -praxen von Jugendlichen, die den Blick auf die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft einschließen, werden hauptsächlich aus psychologischer und soziologischer Perspektive betrachtet und mit quantitativen Forschungszugängen erschlossen (vgl. Köhler/Zschach 2016). Dementgegen wurden in diesem Beitrag Ergebnisse aus einer qualitativen Forschungsperspektive auf die Sicht- und Umgangsweisen mit gesellschaftlichen Anforderungen im Zusammenhang mit Zeit-Raum-Verhältnissen untersucht. So lässt sich nachzeichnen, wie die Relevanz von Zeitlichkeit den jugendlichen Alltag durchzieht und strukturiert, denn mit der Einbindung in formale Bildungsinstitutionen gehen zeiträumliche Verpflichtungen einher. Die Erfüllung von Positionen ist demnach nicht im Jetzt möglich, sondern mit Anforderungen in naher oder ferner Zukunft zur Erreichung von Bildungszielen verbunden. Auch wenn diese Einbindung sich den Bildungsbiografien entsprechend gestaltet, vollzieht sie sich in der Gegenwart im Horizont der Zukunft. Neben der Erfüllung externer Anforderungen schaffen sich die Jugendlichen in ihren jeweiligen Peerkonstellationen Nischen für Zeiträume im durchgetakteten Alltag. Die Herstellung solcher Momente bedarf in unterschiedlicher Weise einer Vorbereitung, die ebenfalls einen Zeitraum für gemeinsame Momente beansprucht. Gemeinsame Momente des Chillens sind für einige Peers existenziell, denn sie ermöglichen es, sich selbst authentisch zu erfahren, von Externem zu lösen und Zeitpunkte zur Bewältigung von Anforderungen zu schaffen. Beim Zusammensein drückt sich dies beispielsweise mit der Notwendigkeit von selbstinitiierten Zeiträumen in der Gegenwart aus, die einen Bruch mit dem monotonen Alltag darstellen sollen. Diese Brüche stellen letztlich Momente des Jugendlich-Seins oder zumindest Versuche Jugendlichkeit eigensinnig zu gestalten, dar. Bildung kann demnach auch als Entstehung des Neuen über die Vergewisserung im Kreis der Peers angestoßen werden, die in der krisenhaften Differenzerfahrung – beispielsweise im Kontext der Pandemie – Wege zu sich selbst offerieren kann. Denn „es ist Aufgabe eben dieser Bildung, die Entfremdung wahrzunehmen und abzuarbeiten, um Wirklichkeit und Selbstbewusstsein zu vermitteln“ (Koselleck 2010, 125). Positiv gewendet können die Transformationen des Lebensalltages im Zuge der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie Anstöße für Bildungsprozesse geben, wenn entsprechend konstruktiv Möglichkeitsräume dazu ausgestaltet werden (vgl. Fuchs/Matzinger 2021).

Zweitens lassen sich empirisch basiert Hinweise für Forschungsdiskurse dazu formulieren. Die globalen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie sind langandauernd und bereits jetzt weisen erste empirische Studien auf Verschärfungen von sozialen Ungleichheitsmechanismen hin, die ein Konglomerat bilden aus Effekten der Bildungsnähe bzw. -ferne, des Digital Divide und den Möglichkeiten des Remote Work. Hier anschließend können unsere Analysen verdeutlichen, dass es vor allem die Bildung einer eigenen passenden zeiträumlichen Arbeitsstruktur ist, die zusätzlich zum selbstgesteuerten Lernen den Jugendlichen Schwierigkeiten bereitet, wie dies ebenfalls den Befunden von Wacker et al. (2020) zu entnehmen ist. Gleichzeitig wird von den Lernenden das flexibilisierte und individualisierte Lernen im „Fernunterricht“ als Vorteil gesehen. Das Lernen im eigenen Tagesrhythmus und Tempo ist möglich (vgl. Wacker et al. 2020, 90 f.). Allerdings können diese ausgemachten Vorteile nicht über die gravierenden Bildungskosten der jungen Generation hinwegtäuschen. Je nach Ressourcenlage des Landes, der Schule und der Familie war die Teilhabe an schulischer Bildung für einige schlicht unmöglich. Dies zeigt sich zusätzlich darin, dass diese Jugendlichen bisher für die empirische (eben zur Zeit der Pandemie vorwiegend digitale) Forschung kaum bzw. gar nicht zugänglich waren (vgl. Wacker et al. 2020, 82). Für die weitere Forschung stellt sich somit die Frage, inwiefern auch das Fremde und Eigene im „Time Work“ erfahren werden und wie dies unter Bedingungen der Covid-19-Pandemie zu Abgrenzung oder Vergemeinschaftung innerhalb der Peergroup bzw. Gesellschaft führt. Teilt sich die Generation anhand derer, die ohnmächtig einer ungewissen Zukunft entgegenblicken, und derer, die sich als selbstwirksam erfahren, um Zukunft gestalten zu können?

Daran anknüpfend kann drittens mit den Ergebnissen der vorliegenden Studien zu einer erziehungswissenschaftlichen Jugendforschung beigetragen werden, indem die Peervergemeinschaftung und Sozialisations(leistung) junger Menschen gegenüber gesellschaftlichen Anforderungen im Kontext der Ungewissheit der Spätmoderne interpretiert werden. Mit der Rekonstruktion der Schaffung von informellen Zeiträumen, sowohl virtuell als auch lokal, wird auf Versuche, sich bis zu einem gewissen Grad Eigenständigkeit in der Jugendphase anzueignen, aufmerksam gemacht. Mit Perspektiven der Ritualforschung könnten Praktiken des Chillens weiter betrachtet werden, denn das Chillen kann der liminalen Phase – also der Schwellenphase (vgl. Turner 2000) – zugeordnet werden. Diese Phase des Zwischenraums von „nicht mehr“ und „noch nicht“ eignet sich als kreativer Experimentier- und Gestaltungsraum, in dem Neues hervorgebracht wird. Rituale können dabei als Beschleuniger zur Initiierung von Vergemeinschaftung dienen, um darüber schneller zu sich zu kommen. Eine weitere Anschlussperspektive liegt in der Nähe der Vergemeinschaftungspraxis von Peergruppen zum Konzept der Communities of Practice (vgl. Wenger 1998). Eine Community of Practice fasst die Verschränkung kollektiver Praxis und individueller Suche nach Zugehörigkeit und Anerkennung. Die untersuchten Peergruppen sind solche informellen Lernorte, in denen im Sinne des Situated Learning (vgl. Lave/Wenger 1991) alltagspraktisches Wissen geteilt und darüber neue Formen der Vergemeinschaftung hervorgebracht werden.

Sowohl in der Gemeinschaft lokal vollzogene als auch durch den virtuellen Raum strukturierte Zeiträume geben den jugendlichen Alltag in spezifischer Art und Weise vor. Junge Menschen müssen demnach neben den lebensphasenspezifischen Erlebnissen, den gesellschaftlichen Anforderungen, auch „Time Work“ (Flaherty 2013) betreiben. Sie benötigen die Fähigkeit „to actively intervene on their own temporal experience to ‚adjust‘ and forge a desired relationship with time, or possibly prevent an experience that is anticipated to be unpleasant“ (Leccardi 2021, 83).

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[1] Das Format des Fernunterrichts wird hier in Anführungszeichen gesetzt, um zu markieren, dass es sich infolge der Aussetzung des Präsenzunterrichtes um einen spontanen Wechsel in diese neue Form der Beschulung handelt und nicht um ein konzeptionell systematisiertes Bildungsformat (vgl. Fickermann/Edelstein 2020, 23).
[2] Schul- und Peerwelt bilden hier im Hinblick auf die tägliche Zeitnutzung ein Spannungsverhältnis. Einerseits eröffnet die Schule als Organisation Zeiträume für die Peers am Nachmittag, doch diese werden für Firas nicht in gewünschter Weise genutzt, weil sich seine Peers zunächst zu Hause im Modus des Zockens und Chillens den externen Anforderungen entziehen.