Logiken von gesprengten und sprengenden Systemen

Zur Notwendigkeit der Differenzierung in aktive und passive „Systemsprenger:innen“

Autor/innen

DOI:

https://doi.org/10.26043/GISo.2023.1.5

Schlagworte:

Systemsprenger:innen, Psychoanalytische Pädagogik, Sonderpädagogik, Theoriebildung, Subjektlogik

Abstract

Innerhalb der wissenschaftlichen Literatur zum Phänomen „Systemsprenger:innen“ findet sich überwiegend eine Gegenstandsbestimmung für aktive „Systemsprenger:innen“, d. h. der Fokus liegt auf Kindern und Jugendlichen mit herausforderndem Verhalten, das in der Sonderpädagogik in einem weiten Begriffsverständnis als „externalisierend“ eingeordnet wird (Myschker/Stein 2018). Jugendliche, die internalisierende Symptome wie bspw. Angst oder Depression zeigen – die zu den statistisch häufigsten psychischen Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter zählen (BELLA-Studie: Ravens-Sieberer et al. 2007) –, werden im wissenschaftlichen pädagogischen Diskurs um „Systemsprenger:innen“ bislang nicht explizit berücksichtigt (Baumann 2020; Ahrbeck 2022; Zimmermann/Weiss 2022;) und sind auch im öffentlichen Diskurs (Heuer 2022, 35) unterrepräsentiert. Deshalb argumentiert der Beitrag für den Begriff der passiven „Systemsprenger:innen“’ und zeigt, dass eine differenzierte Sichtweise angeraten ist, um den Phänomenbereich besser begrifflich zu fassen und angemessener adressieren zu können. Aufgezeigt wird ein mögliches Verständnis passiver „Systemsprenger:innen“, die sich den Anforderungen der Gesellschaft und den pädagogischen Organisationen sowie Institutionen verweigern, ohne jedoch manifest aggressiv oder hyperaktiv zu agieren.

Autor*innenbiografien

Robert Langnickel, Pädagogische Hochschule Luzern

Robert Langnickel ist Forscher und Dozent im Masterstudiengang Schulische Heilpädagogik an der Pädagogischen Hochschule Luzern und Postdoc an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg im Förderschwerpunkt soziale und emotionale Entwicklung. In seiner Promotion hat er in der Sonderpädagogik auf Basis der strukturalen Psychoanalyse einen neuen Baustein zum Verstehen von und zum professionellen Umgang mit Verhaltensauffälligkeiten entworfen. Er ist Psychoanalytiker und Supervisor in eigener Praxis in der Schweiz und war externer Lehrbeauftragter an Universitäten und Hochschulen in Deutschland und der Schweiz. Aktuell hat er die Fachbereichsleitung der Tagessschule Schule Fokus Sehen (SFS) in Zürich inne. Arbeitsschwerpunkte sind: Pädagogik des gespaltenen Subjekts, Didaktik und Interventionen bei internalisierenden und externalisierenden Störungen, Pädagogik bei Krankheit, Philosophie und Ethik in der Heilpädagogik.

Noëlle Behringer, Duale Hochschule Baden-Württemberg Villingen-Schwenningen

Noëlle Behringer ist Professorin für Soziale Arbeit an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Villingen-Schwenningen. Im Rahmen ihrer Promotion an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg beschäftigte sie sich mit Mentalisierungsprozessen bei Fachpersonen der Heimerziehung. Sie war Vertretungsprofessorin im Studiengang Kindheitspädagogik an der Evangelischen Hochschule Darmstadt und arbeitete zuletzt als Advanced Researcher an der Interkantonalen Hochschule für Heilpädagogik in Zürich. Fachliche Schwerpunkte sind Psychoanalytische Pädagogik und mentalisierungsbasierte Pädagogik, Kinder- und Jugendhilfe, biographische Selbstreflexion und Professionalisierung.

Pierre-Carl Link, Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik Zürich

Pierre-Carl Link ist Professor für Erziehung und Bildung im Feld sozio-emotionaler und psychomotorischer Entwicklung an der Interkantonalen Hochschule für Heilpädagogik Zürich. Sein Forschungs- und Lehrgebiet umfasst dort die schulische Heilpädagogik mit Fokus auf herausforderndes Verhalten sowie die sinnverstehende Psychomotoriktherapie nach Aucouturier und Esser. In Forschung und Lehre vertritt er eine praxeologische sowie kasuistische Perspektive in Verbindung mit verstehenden Zugängen zur Erschliessung der Subjektlogik in der pädagogisch-therapeutischen Alltagspraxis. Zu seinen weiteren Arbeitsschwerpunkten zählen Psychoanalytische Pädagogik, Allgemeine Heilpädagogik und reflexiv-gruppale Professionalisierung.

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Veröffentlicht

2023-06-05

Zitationsvorschlag

Langnickel, Robert/Behringer, Noëlle/Link, Pierre-Carl (2023): Logiken von gesprengten und sprengenden Systemen : Zur Notwendigkeit der Differenzierung in aktive und passive „Systemsprenger:innen“. In: Gesellschaft – Individuum – Sozialisation. Zeitschrift für Sozialisationsforschung, 4 (1). doi:10.26043/GISo.2023.1.5.