SCHULÜBERTRITTE ALS HABITUELLE PASSUNGSPROZESSE VERSTEHEN – EINBLICKE IN EIN QUALITATIV-REKONSTRUKTIVES FORSCHUNGSPROJEKT ZUM SCHÜLER:INNENHABITUS

Robert Pham Xuan

1. Einleitung und Problemaufriss

Schulübertrittsprozesse können in mehrgliedrigen Schulsystemen als ein bildungsbiographisches Nadelöhr aufgefasst werden, an dem bestimmte Gruppen überdurchschnittlich Momente des Scheiterns und des Misserfolgs erfahren (Kramer 2013; Kutscha 1991). Dabei erleben speziell in mehrgliedrigen Schulsystemen Schüler:innen aus weniger privilegierten Herkunftsmilieus bei diesen Gelenkstellen strukturell häufiger Phänomene der Exklusion (Helsper et al. 2010; Kramer 2017). Nach Ditton (2010) kann hier von einem systematischen Phänomen stratifizierter Schulsysteme gesprochen werden, da sich an den jeweiligen Eintrittsstellen der Sekundarstufe I und II zeigt, dass bestimmte Schüler:innengruppen überdurchschnittlich stark vom Risiko der Exklusion betroffen sind. Konkret manifestiert sich an diesen Selektionsebenen, dass Schüler:innen aus Familien ohne höhere Bildungsabschlüsse seltener die Möglichkeit nutzen können, eine höhere Schulform zu besuchen, die mit der Hochschulreife endet, als ihre Klassenkamerad:innen aus Familien, in denen die Eltern selbst schon höhere Abschlüsse besitzen (Wimmer/Oberwimmer 2021). Darüber hinaus zeigt sich, dass auch bei der Wahrscheinlichkeit, eine höhere Schulform erfolgreich abzuschließen, jene Jugendlichen vielfach bessere Aussichten haben als die Kinder aus weniger privilegierten Verhältnissen (Wimmer/Oberwimmer 2021). Mit Blick auf diese Dynamik lässt sich der Frage nachgehen, wie diese schultypenspezifischen ungleichen Verteilungen erklärt werden können?

In bildungswissenschaftlichen sowie bildungssoziologischen Diskursen zu Schulübertrittsprozessen werden die sogenannten primären und sekundären Herkunftseffekte als Erklärungsansatz besonders stark diskutiert (Dietrich et al. 2013; Kramer 2017). Hierbei wird davon ausgegangen, dass die schulischen Leistungen eines Kindes (und somit auch die Chancen auf den Eintritt in eine höhere Schule) durch den sozioökonomischen Hintergrund der Familie beeinflusst werden (primärer Effekt) (Kramer 2017). Bei Schulübertritten hingegen wird der sekundäre Herkunftseffekt stärker herangezogen, bei dem die mikrosoziologische Annahme im Mittelpunkt steht, dass die familiäre Bildungsaspiration in einem intentionalen – also rationalen – Entscheidungsprozess, im Sinne einer Art Anlagelogik für zukünftige Gewinne (z. B. höhere Bildungsabschlüsse), ausgehandelt wird und diese bewussten Entscheidungen dann als Grundlage für die Wahl der Schulform dienen (Hopf 2014). Dies geht auf Boudons (1974) Annahme zurück, dass Menschen bei schulbiografischen Entscheidungen rational handeln und dementsprechend als Individuen auf Nutzenmaximierung oder Statuserhalt ausgerichtet sind (Spiegler 2015). Werden Bildungswegentscheidungen derartig konzeptualisiert, ließe sich festhalten, dass Bildungsungleichheit im Kontext von Schulübertritten befriedigend erklärbar sei, da die Familien ja selber die Verantwortung dafür tragen, dass sie ihre Kinder nicht genügend unterstützen oder den Wert von Bildung nicht hoch genug ansehen und sie daher auch keine höhere Bildung anstreben (Helsper et al. 2010). Jedoch erscheint zum einen alleine beim Blick auf die zugänglichen Daten, dass es eine entscheidende Forschungslücke gibt, welche von Baumert und Maaz (2010, 160) wie folgt beschrieben wird:[1]

„Die Analyse der Bildungsbeteiligung stößt an eine deutliche, durch die Datenlage diktierte Grenze, wenn es um die Rekonstruktion der Mechanismen geht, die für die Genese und Reproduktion sozialer und ethnischer Ungleichheiten verantwortlich sind.“

Zum anderen lässt sich in diesem Kontext eine heuristische Leerstelle feststellen, welche sich mit Blick auf die implizierte Hypothese der (rationalen) Selbstselektion zeigt. Treffend schreibt Hormel (2018, 157) hierzu:

„Diese Selbstselektionshypothese [im Sinne des Boudonschen Theorems] halte ich für eine sehr starke Entlastung des Schulsystems. Sie steht für eine dominante Tradition in der Bildungssoziologie, die sich vor allem auf die individuellen beziehungsweise milieuabhängigen Eigenschaften der Benachteiligten bezieht. Sie bricht damit eigentlich mit der Tradition der Ungleichheitsforschung, die davon ausgeht, dass soziale Ungleichheit nicht mit den Eigenschaften der Benachteiligten zu erklären ist, sondern gesellschaftliche oder aber organisatorisch-institutionelle Ursachen hat.“

Demnach ist es nicht verwunderlich, dass Kramer (2013) ein wissenschaftsimmanentes Problem der Erklärungsansätze zu Bildungsungleichheiten bei Schulübertritten konstatiert. Im Mittelpunkt steht die Frage, warum sich Phänomene der sozioökonomisch und/oder ethnisch ungleichen Schulbeteiligung trotz vielfältiger Diskurse und bildungspolitischer Reformen hartnäckig und länderübergreifend halten (Kramer 2013). Passend hierzu bezeichnen Krüger und Kolleg:innen (2010, 8–9) die Bildungsungleichheitsforschung als ein „schillerndes, widersprüchliches und äußerst heterogenes Feld“ und es ist daher nicht final geklärt,

„inwieweit Bildungsungleichheiten innerhalb der Familien und Herkunftsmilieus tradiert werden, bzw. inwieweit das Bildungssystem selber dazu beiträgt, Bildungsungleichheiten zu tradieren oder gar hervorzubringen.“

Wendet man sich nun gegen die mikrosoziologischen Ansätze, die von einer kalkulierend bewussten und rationalen Entscheidung der Familien gegen den Besuch höherer Schulen ausgehen (Boudon 1974; Esser 1999, 2016, 2021), kann aus einer konflikttheoretischen Perspektive darauf verwiesen werden, dass es bei Übertrittsprozessen um implizite Passungs- und Anschlusslogiken an die institutionalisierten Normalitätserwartungen geht (Bourdieu 1987; Kramer 2017). Dabei steckt im Kern dieser konflikttheoretischen Perspektive die Annahme, dass dem Schulsystem als Gesellschaftsstruktur eine immanente Rolle in sozialen Schließungsprozessen innewohnt (Hummrich 2017). Des Weiteren bietet ein derartiger Blick auf Schulübertritte den Vorteil, dass schulbiographischer Misserfolg differenzierter beleuchtet werden kann und dementsprechend nicht mehr nur als individuelle Fehlleistung zu interpretieren ist (Helsper et al. 2018; Kramer 2013). An diese Passungs- und Anschlussphänomene schließt sich somit die Frage an, inwiefern misslungene Übertrittsprozesse nicht auch das Ergebnis eines Scheiterns an den Erwartungen der Schule oder gar Erfüllen von schulbiografisch ungünstigen Zuschreibungen sind?

Hiervon ausgehend werden im vorliegenden Beitrag Einblicke in das Dissertationsprojekt „Die feinen Unterschiede in der Schullaufbahn“ (Pham Xuan 2023) gegeben, bei dem dezidiert die weiter oben skizzierte konflikttheoretische Architektur zugrunde gelegt und dabei der Frage nachgegangen wurde, welche Habitusformationen bei Hauptschüler:innen (aus Familien ohne höhere Bildungsabschlüsse) rekonstruiert werden können, wenn diese in die Oberstufe eines Gymnasiums übertreten. Hierfür wird in einem ersten Schritt dem Habituskonzept in seiner theoretischen Konzeption nachgegangen, um daran anschließend das Phänomen der kulturellen Passung zu fokussieren. Im dritten Abschnitt wird der methodologische und methodische Zugriff erläutert. Im vierten Abschnitt wird ein konkreter Fall der Untersuchung vorgestellt. Abschließend wird der Frage nachgegangen, inwiefern ein qualitativ rekonstruktiver Fokus auf Schulübertritte eine fruchtbare Herausarbeitung der Entstehungs- und Reproduktionsmechanismen von Phänomenen der Bildungsungleichheit darstellen kann.

2. Habitus und kulturelle Passung

Ein ausschließlich auf rationale und individuelle Werturteile fokussierter Forschungsansatz zum hier diskutierten Thema der Schulübertritte läuft Gefahr, die von Bourdieu konstatierte soziale und kulturelle Einbettung solcher Entscheidungen auszublenden (Holzmayer 2020). In diesem Kontext wird hier davon ausgegangen, dass familiäre Bildungswegentscheidungen nicht ausschließlich als ein explizit rationaler Entscheidungsprozess verstanden werden können und daher wird im folgenden Beitrag das Habituskonzept fokussiert (Bourdieu 1987). Der entscheidende Vorteil liegt in der theoretischen Fassung als ein implizites und damit eben nicht rationales Konzept zur Erklärung von Entscheidungen und dies

„bringt den Ansatz Bourdieus in eine Frontstellung gegenüber theoretischen Annahmen und Konzepten, die – wie in den theoretischen Modellen des ‚rational choice‘ [...] von einer primär bewussten und intentionalen Verhaltenssteuerung ausgehen.“ (Kramer 2011, 47)

Daraus ergibt sich vor allem die Chance, dass die Konsequenzen der (Bildungsweg-)Entscheidungen nicht einseitig der Verantwortung der Familie bzw. dem Kind zugeschrieben werden können.

Das Habituskonzept bietet das Potenzial, den vermeintlichen Dualismus von Subjekt und Objekt aufzubrechen (Lenger et al. 2013). In diesem Konzept amalgieren der soziale Raum mit seinen Feldern sowie die Kapitalformen und die damit einhergehenden sozioökonomischen Existenzbedingungen miteinander (Lenger et al. 2013). Der Habitus ist damit als eine Vermittlungsinstanz zwischen diesen Strukturen und dem Subjekt zu verstehen (Jurt 2012), bei dem es um eine Art des praktischen Sinns geht, welcher letztlich allen expliziten und bewussten Entscheidungen vorgelagert ist (Kramer 2017). Die Rolle des Habitus als eine Vermittlungsinstanz schärft sich dabei in der theoretischen Fassung zum einen als eine strukturierte Struktur und zum anderen als eine strukturierende Struktur (Bourdieu 1987). Konkret bedeutet dies, dass der Habitus eine Geschichte hat, welche in all seinen sozialen Praxen eingewebt ist (Kramer 2011). Der Habitus ist zwar in der Vergangenheit entstanden (strukturiert worden), aber er versucht, sich über seine gesellschaftlichen Praktiken, im Rahmen seiner Verhaltens-, Wahrnehmungs- und Denkschemata, in die Zukunft fortzuschreiben (Kramer 2011, 48). Damit sorgt der Habitus im Sinne eines

„Hervorbringungsmodus [Modus Operandi] gerade für solche Praktiken und Vorstellungen, die objektiv an die Existenzbedingungen angepasst sind, insofern diese mittels ihrer Konditionierungen den Habitus als ‚strukturierte Struktur‘ ja hervorgebracht haben.“ (Kramer 2011, 47)

Dabei manifestiert sich der Habitus in seinen hervorgebrachten sozialen Praxen wie beispielsweise in der Art zu Reden und seiner verwendeten Sprache, zu Essen sowie die Auswahl der Nahrung, in seinen Vorlieben und Geschmäckern (Bourdieu 1987).

Es ist der je spezifische soziale Raum mit seinen Feldern, in denen sich der Habitus als strukturierte Struktur zeigt und in denen er die bestehenden Strukturen weiterhin strukturiert und demensprechend in Teilen festigt (Bourdieu 1987). Im weiteren Verlauf des Artikels wird daher das schulische Feld fokussiert, da sich in diesem ein partieller Teil des Habitus zu beweisen hat, welcher im Folgenden als ein Schüler:innenhabitus bezeichnet wird. Die Verbindung zwischen Feld und Habitus ist demnach als ein soziales Relationsgefüge zu verstehen (Kramer 2019), in welchem der Habitus jene soziale Praxis hervorbringt, die dort in den aufnahmebereitesten Markt einmünden kann (Kramer 2011). Hiervon lässt sich ableiten, dass das Zusammenspiel des Schüler:innenhabitus mit dem schulischen Feld auch als eine Frage der sozialen Klasse zu adressieren ist. Mit der Bourdieuschen Soziologie lässt sich somit ein Wettbewerbsvorteil im schulischen Spiel identifizieren, welches zum einen über die Kapitalien einer Person verhandelt wird, sowie über „eine[n] Habitus[,] der eher den oberen Gruppen eigen ist“ (Möller et al. 2020, 19). Passend hierzu schreiben Bremm und Kolleg:innen (2017, 59–60), dass

„Bourdieu in seiner Forschung zum Habitus heraus[arbeitet], dass in der Schule bewertete Leistungen nicht nur von Begabungen, sondern von einer mehr oder weniger großen Nähe zwischen ihren milieuspezifischen Verhaltensweisen und Präferenzen und den impliziten Anforderungen der Bildungsinstitution an diese abhängen.“

Gerade mit Blick auf schulbiografische Verläufe finden sich zahlreiche Arbeiten im Kontext einer an habitualisierten Handlungs-, Denk- und Wahrnehmungsmustern orientierten Forschung. Beispielsweise bei Helsper und Kolleg:innen (2018) zu Habitustypen an exklusiven Gymnasien in Deutschland, bei Thiersch (2014) zu Bildungshabitusformationen und Schulwahlprozessen, bei von Rosenberg (2014) zum Schüler:innenhabitus unter dem Blickwinkel von transformativen Prozessen sowie bei Schneider (2014) bezüglich der Herausbildung von habitualisierten Bildungsorientierungen in Aufstiegskarrieren. Auch aus einer quantitativ-methodischen Perspektive finden sich Arbeiten zur Typologie von Habitusformationen im Rahmen latenter Klassenanalysen mit den Daten des Nationalen Bildungspanels (NEPS) bei Wohlkinger und Bayer (2020). Dabei ist ein Ausgangspunkt dieser genannten Arbeiten die Studie von Kramer und Kolleg:innen (2009) „Selektion und Schulkarriere“. In dieser Arbeit werden individuelle Orientierungsrahmen herausgearbeitet und eine Typologie von schulnahen- und bildungsaffinen sowie schul- und bildungsfernen Habitusformationen vorgelegt. Besonders bei den letztgenannten Habitusformationen manifestieren sich dynamische Prozesse der Missachtung aufgrund wenig anschlussfähiger schul- und bildungsbezogener Verhaltensweisen, welche wiederum nur im Kontext der jeweiligen Anschlusslogik, also dem Erwartungs- und Normalitätsgefüge der neuen Schule bzw. Schulform, zu verstehen sind (Kramer et al. 2009).

Ausgehend von der bisherigen Rahmung scheint das Habituskonzept besonders geeignet, die Aufmerksamkeit auf das Verhältnis zwischen der Kongruenz von Verhaltens-, Denk- und Wahrnehmungsmustern klassenspezifischer und biographisch geprägter individueller Habitusformationen und den Anforderungsstrukturen und Normalitätserwartungen bzw. ‑logiken der Institution Schule zu lenken. Diese Perspektive bezieht sich inhaltlich auf die impliziten Dispositionen der schulischen Akteur:innen, die im Sinne eines Schüler:innenhabitus mit sozialmilieuabhängigen Bildungseinstellungen und -strategien verbunden sind und damit in der Konsequenz in unterschiedliche Anschlussmöglichkeiten im Schulsystem einmünden (Helsper et al. 2010; Kramer 2017). Helsper und Kolleg:innen (2010) greifen damit eine Sichtweise auf, die im Kontext schulischer Teilhabe danach fragt, inwieweit die Anforderungen und Normalitätserwartungen der Institution Schule mit unterschiedlichen Schüler:innenhabitusformationen wechselwirken (Pham Xuan 2023). Die theoretische Rahmung für dieses Phänomens lässt sich im Begriff der kulturellen Passung explizieren. Kramer (2017) beschreibt dies als ein Aufeinandertreffen der tatsächlichen Verhaltens-, Denk- und Wahrnehmungsschemata (in der engsten Sozialisation des Kindes entstandene implizite und explizite Haltungen und Einstellungen zur sozialen Welt – hier konkreter zur schulischen Welt) mit den soziokulturellen und feldabhängigen Anforderungslogiken und Erwartungen eines bestimmten Feldes. Für den weiteren Verlauf des Aufsatzes wird die eben genannte Erstprägung hier als ein primärer Habitus verstanden, welcher konkreter auf schulrelevante und bildungsrelevante Dispositionen bezogen wird und damit als ein primärer schulischer Habitus zu verstehen ist. Dabei sei an dieser Stelle erwähnt, dass es sich bei der Begrifflichkeit des primären schulischen Habitus um einen partiellen Habitus handelt, der stets in Verbindung mit dem gesamten Habitus einer Person und seinen sozialen Existenzbedingungen zu denken ist. Für die je spezifischen schulhistorischen und schulkulturellen Normalitätserwartungen und Anforderungslogiken eines Schulstandorts wird in weiterer Folge, im Sinne eines heuristischen Ausdrucks, der Begriff eines sekundären Habitus verwendet. Somit ergeben sich im Kontext der kulturellen Passung und Schulübertritten – idealtypisch formuliert – zwei Möglichkeiten:

„Entweder trifft die pädagogische Aktion auf Schüler/innen, die sich das, was ihnen vermittelt werden soll, schon angeeignet haben [...]. Oder aber [sie] trifft auf primäre Habitusformationen, die – mehr oder weniger deutlich – vom sekundären Habitus der Bildungsinstitution abweichen und deshalb in ihren Bezügen transformiert werden sollen.“ (Kramer 2013, 121)

Wird der Blick folgend auf Phänomene der Bildungsungleichheit gerichtet, so kann die kulturelle Passung als ein Mechanismus der Bewertung bzw. Missachtung zwischen mittel- und oberschichtorientierten schulischen Anforderungen bzw. Erwartungen und schicht- sowie familienspezifischen individuellen Bildungseinstellungen und Strategien von sozialen Akteur:innen verstanden werden (Lipkina 2019, 225). Gerade bei Fällen mit einer wenig anschlussfähigen Passung kann davon ausgegangen werden, dass die primären Habitusdispositionen unter Veränderungs- und Bewährungsdruck stehen, was entweder zu Adaptionsprozessen oder auch Widerständen und Abweichungen von den Normalitätserwartungen der Bildungsinstitution (sekundärer Habitus) führen kann und dies wiederum zur Ultima Ratio, der schulischen Exklusion (Kramer 2011, Pham Xuan 2023).

3. Methodologischer und methodischer Zugriff

Da der Habitus als Strukturprodukt seiner sozialen und kulturellen Geschichte zu verstehen ist, muss nach einem methodologischen Zugang gefragt werden, der geeignet ist, des Habitus strukturierte Struktur in den Blick zu nehmen und gleichzeitig die Mechanismen seiner Hervorbringung rekonstruktiv zu reflektieren (Kramer 2019). Daraus ergibt sich zum einen, dass die angewandte Methodik in der Lage sein muss, sich dem Habitus in seinen gegenstandstheoretischen Implikationen bestmöglich zu nähern, und zum anderen, dass diese Analyse im Kontext des erlebten Übertritts in die Oberstufe eines Gymnasiums erfolgen muss. Hinter der Notwendigkeit dieser Multiperspektivität steht die Prämisse, dass Übertritte mit einer Vielzahl von Veränderungen und Anpassungen einhergehen, die speziell unter den Bedingungen eines Schulformwechsels zu berücksichtigen sind (Petersen et al. 2020). Insofern ist es nicht verwunderlich, dass im Rahmen wissenssoziologischer Ansätze der rekonstruktiven Sozialforschung häufig die Dokumentarische Methode nach Bohnsack (2013) eingesetzt wird (Kramer 2020a). Methodisch davon zu unterscheiden ist eine strukturtheoretische Logik der Rekonstruktion, wie sie von Oevermann (1991) vorgelegt worden ist (Kramer 2020a). Hiervon ausgehend wurde der methodische Zugriff in dieser Forschungsarbeit mit der sequenzanalytischen Habitusrekonstruktion nach Kramer (2018) durchgeführt, welche in ihrer methodologischen Architektur auf den theoretischen Grundlagen der Objektiven Hermeneutik aufbaut. Die Verbindungslinie ergibt sich dadurch, dass in beiden Zugängen davon ausgegangen wird, dass es objektiv geregelte Bedeutungs- und Sinnstrukturen gibt, welche „Äußerungen und Handlungen ‚latent‘ unterlegt [sind] und [diese] sich im Normalfall nicht mit den physisch repräsentierten Bedeutungen auf Seiten der involvierten sozialen Akteur[:innen bzw. ihren] Textprodukten“ (Lamnek 1995, 36; vgl. Kramer 2018) decken. Die Habitusrekonstruktionen bauen auf dieser Prämisse auf und dabei ist von einer jeweils historisch kulturellen Sinnstrukturiertheit der verinnerlichten und handlungsleitenden Wissensbestände des Habitus auszugehen (Kramer 2018). Nach Kramer liegt die Differenz der beiden Perspektiven im „gegenstandsbezogenen Fokus bzw. beim empirisch zu bestimmenden Ausschnitt einer Lebenspraxis, der hier auf Habitus als implizites, handlungsleitendes Wissen dieser Lebenspraxis ausgerichtet ist“ (Kramer 2018, 256). Des Weiteren gilt es für diesen methodologischen Zugang zu betonen, dass der Fokus der Sequenzanalyse vorerst auf den Einzelfall gerichtet ist und das methodische Vorgehen dezidiert nicht subsumtionslogisch auf die Hervorhebung von allgemeinen Typen zielt (Kramer 2018, 2019). Um jedoch dem Bedürfnis nach allgemeingültigeren Aussagen gerecht zu werden (Ecarius/Schäffer 2020), wurde in der hier vorgestellten Studie in einem zweiten Schritt ein Minimal- und Maximalkontrastvergleich der rekonstruierten Einzelfälle durchgeführt (Kramer 2020b). Die mit diesem Schritt anvisierte Typenbildung passt dabei harmonisch in die Methodologie der Objektiven Hermeneutik,

„insofern jede objektive-hermeneutische Sequenzanalyse mit dem Aufschluss über eine fallspezifische Selektivität und Hervorbringungslogik neben der Besonderheit des Falles zugleich auch eine allgemeine und objektiv gültige Strukturgesetzlichkeit – einen Modus Operandi – rekonstruiert, de[m] der Status eines allgemeinen Typus zukommt.“ (Kramer 2020b, 102)

In den Habitusrekonstruktionen wird, ähnlich wie in der Objektiven Hermeneutik, die Prämisse zentral gesetzt, dass der Habitus „nur anhand von Ausdrucksgestalten (bspw. Interviews) [...] rekonstruktiv erschlossen werden kann“ (Kramer 2020b, 102). Dementsprechend sind die empirischen Daten aus der hier argumentierten methodologischen Architektur als ein „opus operatum“ zu verstehen, in denen der Habitus seine sozialen Spuren eingeschrieben hat (Lange-Vester/Teiwes-Kügler 2013). In diesem Kontext wurden in der Studie Interviews mit zehn ehemaligen Hauptschüler:innen aus Familien ohne höhere Bildungsabschlüsse geführt. Die Auswahl der Schüler:innen erfolgte durch die Klassenlehrpersonen, wobei hier die eben genannten Kriterien als Selektionsmerkmal herangezogen wurden. Die Interviews fanden ca. zwölf bis 14 Wochen nach dem Schulübertritt in die gymnasiale Oberstufe statt. Das Projekt wurde gemeinsam mit der Schulleitung geplant und das Lehrer:innenkollegium wurde bei einem pädagogischen Tag informiert. Alle beteiligten Schüler:innen wurden vor den Interviews über Ziel und Zweck (Gespräch über die Übertrittserfahrungen und das Ankommen in der neuen Schule) der Befragung aufgeklärt und das Einverständnis der Erziehungsberechtigten wurde schriftlich eingeholt.

Die Transkripte der Interviews wurden in weiterer Folge gesichtet und (vor-)analysiert, ob in den Aussagen Urteile, Einschätzungen und Bewertungen sowie soziale Positionierungen vorhanden sind, da diese im Sinne der theoretischen Implikationen des Habituskonzepts darüber Auskunft geben, wie sich der Habitus im sozialen Raum bzw. im (schulischen) Feld bewegt und platziert bzw. platziert ist (Kramer 2018). Dabei wird die anschließende Sequenzanalyse nicht auf das gesamte Transkript eines Interviews angewendet, sondern nur auf die jeweiligen Passagen, die einen heuristischen Bezugspunkt zur Beantwortung der Forschungsfrage haben (Kramer 2018). Üblicherweise werden aus dem gesamten Transkript drei bis vier Passagen ausgewählt, welche jeweils einen Teilausschnitt (im Sinne einer Habitusdisposition) des Schüler:innenhabitus repräsentieren. Methodologisch baut dies auf der Prämisse auf, dass der Habitus einer Schüler:in im gesamten Transkript (opus operatum) seine Spuren hinterlassen hat und damit eine forschungsökonomische Legitimierung einhergeht, die Sequenzanalysen auf einen partiellen Ausschnitt des Transkripts einzugrenzen. Nach der Identifizierung der geeigneten Passagen wird nun eine Sequenzanalyse eingeleitet, die sich zum Ziel setzt, den expliziten Aussagegehalt nach seinem impliziten Hervorbringungsmodus zu befragen (Kramer 2018). Kramer (2019, 314–315) schreibt hierzu:

„Dieser Schritt der Hypothesenbildung in Bezug auf den Modus Operandi ist nicht technologisierbar, sondern erfordert als Schlussmodus der Abduktion eine begrifflich gefasste Idee der Hervorbringung, die quasi wie ‚aus heiterem Himmel‘ aufzutauchen scheint.“

Vor dem Einstieg in die erste Sequenz empfiehlt es sich, die handlungspragmatische Anforderungslogik der Situation zu beschreiben (Kramer 2018). Konkret bedeutet dies, dass bereits die Frage der interviewenden Person eine spezifische soziale Praxis erzeugt, in der die befragte Person (und damit auch ihr Habitus) aufgefordert wird, eine Antwort auf einen Sachverhalt zu geben (Kramer 2018). In der hier verwendeten methodologischen Architektur bedeutet dies, dass der Habitus dazu gebracht wird, seinen Platz im sozialen Raum bzw. Feld preiszugeben (Kramer 2018). Daran anschließend folgt der Einstieg in die Antwort und somit in die erste Sequenz. Dabei geht es konkret um eine oder mehrere anfängliche Lesarten, welche in weiterer Folge in Habitus-Hypothesen überführt und argumentiert werden. Die zuerst zu formulierenden Lesarten dienen hier als weiteres Aufbruchsmoment in das empirische Material. Um vorschnelle und oberflächliche Interpretationen unseres Alltagsverständnisses expliziter Aussagen zu vermeiden, bietet es sich hierbei an, die Arbeit am empirischen Material in einer Arbeitsgruppe zu vollziehen. Die hier entstehenden Dynamiken der argumentativen Verteidigung von Lesarten dient in der Konsequenz der Validitätssicherung des hermeneutischen Prozesses, da stets die Möglichkeit des argumentativen Einspruchs eines Gruppenmitglieds bestehen muss. Im weiteren Analyseverlauf geht es im zweiten Schritt jedoch noch nicht um eine Verifizierung dieser ersten, aus den Lesarten ausformulierten Hypothesen (Kramer 2019). Im nächsten Schritt wird eine weitere Sequenz hinzugefügt. Dies verfolgt das Ziel, die zuvor aufgestellte Hypothese aus der ersten Sequenz im Verlauf des weiteren empirischen Protokolls zu überprüfen (Kramer 2019). Diese Art des Umgangs mit den Sequenzen folgt nach Kramer dem Prinzip der Falsifikation, „weil die Geltung der aufgestellten Hypothesen sich mit dem Fortgang im [Transkript] – von Sequenz zu Sequenz – immer wieder neu bewähren muss“ (2019, 315). Dieser Prozess findet mit jeder neuen Sequenz statt. Dabei ist immer die Frage zu stellen, ob die vorangegangene Argumentation der Habitus-Hypothese in der Lage ist, die nächste Sequenz im Sinne eines Modus Operandi hervorzubringen (Kramer 2019). Hierbei ist es essenziel, dass „dort wo dies nicht der Fall ist, […] die Hypothese ausgeschlossen werden oder wenigstens weiterentwickelt und modifiziert werden“ (Kramer 2019, 315) muss. Es werden dann so lange Sequenzen hinzugefügt, bis die größtmögliche Sättigung und Gültigkeit einer bestehenden Hypothese erreicht und durch das empirische Material abgedeckt ist (Kramer 2019). Diese eine bestehende Hypothese ist also die am Transkript gemessene verdichtete Habitushypothese, die in dieser Passage dokumentiert ist bzw. in der der Schüler:innenhabitus derartige Spuren hinterlassen hat. Bei dieser letzten Hypothese kann man dann von einer methodisch valide ermittelten Rekonstruktion der Habitusdisposition im Sinne seines Erzeugungsprinzips sprechen (Kramer 2018). Auf diese Weise wurden drei Fälle rekonstruiert.

4. Einblicke in das Forschungsprojekt und Diskussion der Ergebnisse

Im Folgenden wird eine der sequenzierten Passagen eines Falls dieser Studie tiefgreifender erläutert und dabei dargelegt, was für eine Habitusdisposition in diesem Sequenzgefüge rekonstruiert werden konnte. Auf die Frage des Interviewers „Aber bei dem Thema Lernen musst du schon, also du hast eben gesagt, du musst hier [„hier“ meint in der neuen gymnasialen Oberstufe] mehr machen?“ antwortet Nori das Folgende:

Sequenz 1:

Ja, also am Anfang vom Schuljahr habe ich eben den Dreh noch nicht so herausgehabt.

Sequenz 2:

Wie viel man lernen muss und so, und dann bin ich auch a bissl runtergegangen mit den Noten.

Sequenz 3:

In der [ABC – Mittelschule; Name der Schule anonymisiert] war ich eher eine Zweier-/ Dreier-Schülerin, und jetzt habe ich plötzlich so auch Fünfer geschrieben,

Sequenz 4:

und da hat meine Mama so gesagt: ‚Ja, machen wir es so, dass du jetzt nur mehr Vierer schreibst und so‘ (...).

Sequenz 5:

Und da habe ich gesagt, ja, ok. Und dann habe ich eben mehr gelernt und jetzt schreibe ich nur noch Vierer.

Im Kontext dieser Passage konnte eine Habitusdisposition „der schulischen Überforderung und naiven Ahnungslosigkeit“ rekonstruiert werden. Die zentrale Deutung dieser These basiert auf der Ausgangslesart, dass die Schülerin einen angespannten und krisenhaften Übergang in die neue gymnasiale Oberstufe erlebte, welcher mit einer gewissen Orientierungslosigkeit und Überforderungserfahrungen einherging. In diesem Zusammenhang wurde auch deutlich, dass Nori zwar bereit bzw. in der Lage ist, ihr Lernpensum zu erhöhen, jedoch nicht in dem Maße, bei dem ein erfolgreicher Übertritt in die Schule bzw. ein erfolgreiches erstes Jahr der Oberstufe langfristig gewährleistet ist. Insbesondere spricht die Interviewte hier von einer Absprache mit ihrer Mutter, dass sie jetzt „nur noch Vierer“ schreibt. Darüber hinaus finden sich im Rahmen der dritten Passage wiederholt relativierende Begriffe („a bissl“, „eher“, „eben“), die auf naive Ahnungslosigkeit hinweisen. Zwar deutet Noris internalisiertes Selbstbild einer soliden „Zweier-/ Dreier-Schülerin“ darauf hin, dass sie durchaus über eine differenzierte Selbsteinschätzung ihrer schulischen Leistungen verfügt, diese aber im Kontext der neuen Schule und der dort notwendigen Leistungssteigerung kaum tragfähig ist und nicht gewährleistet, dass ihre aktuellen Schulleistungen auch weiterhin den Zugang zum Gymnasium sichern. Dieser Teil der Interpretation basiert auf der Hypothese, dass Noris Übereinkunft mit der Mutter keine Minderung des Exklusionsrisikos darstellt. Dies wiederum beruht auf der Tatsache, dass eine Verbesserung der schulischen Leistungen auf die Note „ausreichend“ nicht genügt, um die Gefahr des Wiederholens einer Klasse oder gar des Ausschlusses von der Schule abzuwenden, da die österreichische Notenskala nur Fünfstufig ist. Dieser Teil der Interpretation wird auch durch den Begriff „plötzlich“ gestützt, da die Oberstufenschülerin damit zu verstehen gibt, dass ihre Erfahrungen mit der schulischen Überforderung für sie unerwartet kamen und sie sich dahingehend auch nicht zwangsläufig allein in der Verantwortung für diese Situation sieht. In diesem Kontext bietet sich diese Passage des Einzelfalls Nori an, um die rekonstruierte Habitusdisposition einer schulischen Überforderung und naiven Ahnungslosigkeit (Pham Xuan 2023) aus der Perspektive ihrer schulischen Leistungen zu beleuchten. Hier liegt die Annahme zugrunde, dass im Fall Nori keine besondere Verinnerlichung eines eigenverantwortlichen Leistungsprinzips zu erwarten ist. Dies beruht zum einen auf den berichteten Schulleistungen und zum anderen auf der ausgehandelten Verbesserungsstrategie, die letztlich auch kein Indiz für eine familiäre Bildungsaspiration darstellt, die langfristig den Zugang zu höherer Bildung sichert.

Für den Fall Nori wurden zwei weitere Passagen analysiert.[2] Zur Verdeutlichung wird im Folgenden noch ein zweiter Transkriptausschnitt umrissen und in die rekonstruierte Habitusdisposition eingeführt:

Passage 2 (ohne Sequenzierung dargestellt):

Als im Sommer das Thema Schulwechsel dann anstand, habt ihr zuhause irgendwie auch darüber gesprochen, was dich hier so erwarten könnte?

Na also, ein paar haben gesagt, das ist ganz anders in der der XYZ-Schule [Name der Schule wurde anonymisiert](.) Also da verlangen sie mehr, und es stimmt auch. Und ja, also ich war eben volle aufgeregt, weil vorher war ich in einer reinen Mädchenklasse. Und dann bin ich in eine gemischte Klasse gekommen. Und ja, ich war so aufgeregt und so, und ich habe nicht genau gewusst, wie ich mit den Jungs reden soll. Und ja, aber das ist dann eben schon gegangen. Aber in den Sommerferien haben wir eigentlich nicht so darüber geredet.

In dieser Passage wurde eine herausgeforderte Habitusdisposition geschlechts- und peerbezogener Unsicherheit bei der Gymnasiastin Nori rekonstruiert (Pham Xuan 2023). Dabei waren in der Sequenzanalyse zwei Perspektiven relevant. 1. der mono-gender und peerbezogene Rahmen aus der Mittelschule und 2. die schulischen Herausforderungen durch die gestiegenen Anforderungen. Der gender- und peerbezogene Rahmen erwies sich für die Schülerin als bedeutsamer. Noris Handlungs- und Denkmuster orientieren sich an diesem Rahmen, wodurch eine spannungsreiche Passung zu den neuen koedukativen Anforderungen entsteht. Diese Unsicherheit beeinflusst das schulische Wohlbefinden und damit auch die Leistungen. Dementsprechend lässt sich ein (höchstwahrscheinlich) negativ gepolter Zusammenhang zwischen Gender- bzw. Peer-Thematik und schulischer Leistung diskutieren. Der Anpassungsdruck führt dann zu einer Adaption im Umgang mit männlichen Mitschülern. Dies verdeutlicht eine geschlechts- und peerbezogene Anpassungsleistung, die es auch vor dem Hintergrund der Wechselwirkung zwischen Wohlbefinden und Leistung zu verstehen gilt.

Im Fall dieser Oberstufenschülerin lässt sich mit Blick auf die rekonstruierten Habitusdispositionen ein akzentuiert angespannter Übertritt in die gymnasiale Oberstufe rekonstruieren. In allen drei Teilrekonstruktionen des Falls Nori zeigte sich dies in einer spannungsreichen Konstellation der primären schulischen Habitusdispositionen und den erhöhten Anforderungen, veränderten Normalitätserwartungen und dem gesamten neuen Umfeld der Oberstufe. Um die Normalitätserwartungen der Schule an dieser Stelle stärker in den Blick zu nehmen, sei hier noch einmal auf die Interviewfrage zur weiter oben rekonstruierten Passage verwiesen („Aber bei dem Thema Lernen musst du schon, also du hast eben gesagt, du musst hier [„hier“ meint in der neuen gymnasialen Oberstufe] mehr machen?“). Hier nimmt der Interviewer noch einmal Bezug auf eine frühere Aussage der Schülerin, in der sie kommunizierte, dass die neue Schule mit einem erhöhten Lernaufwand für sie verbunden ist. In weiterer Folge manifestiert sich in diesem Gesprächsverlauf so ein Bruch zwischen dem Alten (die Lerngewohnheiten in der alten Schule) und dem Neuen (anspruchsvollere Leistungserwartung der Schule) als eine Veränderungsdynamik bezüglich des schulischen Aufwands, den die neue Oberstufenschülerin nun leisten muss, aber wie dargelegt, kaum bis gar nicht schafft. Auf diese Weise verfestigt sich schließlich das Bild einer Oberstufenschülerin, die sich aufgrund ihrer schulbezogenen Habitusformation in einer krisenhaften und überfordernden Situation wiederfindet, in der es letztlich um den Verbleib in der neuen Schule und damit um den Zugang zur höheren Bildung geht. Blickt man diesbezüglich noch einmal auf die bereits erwähnte Studie von Kramer und Kolleg:innen (2009) „Selektion und Schulkarriere“, dann lassen sich die im Fall Nori rekonstruierten Habitusdispositionen im Kontext der von Kramer und Kolleg:innen vorgelegten Habitustypik „Habitus der Bildungsfremdheit“ diskutieren. Dieser Typus ist vor allem durch ein permanentes Exklusionsrisiko gekennzeichnet, welches in unterschiedlichen Schattierungen manifest wird. Diese Schüler:innen erfahren stetig Misserfolgserlebnisse, welche sich nachhaltig in bildungsrelevante Selbstdimension einschreiben (Kramer et al. 2009). In den Extremformen von Kramer und Kolleg:innen („der Habitus der schulischen Bildungsferne und angedeuteter Opposition sowie der Habitus der schulischen Bildungsferne und -hilflosigkeit“) zeigen sich diesbezüglich auch rebellierende und schuloppositionelle Dispositionen, die beim Fall Nori nicht auszumachen waren. Bei ihr standen eher die geringe Bildungsaspiration und die naive Ahnungslosigkeit im Vordergrund. Mit Blick auf die Misserfolgserlebnisse und die Verinnerlichung dieser in das (schulische) Selbst, zeigt sich dies beim Fall Nori in der Textstelle: „Und da habe ich gesagt, ja, ok. Und dann habe ich eben mehr gelernt und jetzt schreibe ich nur noch Vierer.“ – Hier gibt die Schülerin preis, dass ihre eigene Aspiration auf die Note „ausreichend“ beschränkt wird. Neben der schon besprochenen Problematik der langfristigen Sicherung des Zuganges zu höherer Bildung präsentiert diese Aussage ein schwaches Streben nach guten oder mindestens mittelmäßigen Leistungen.

5. Fazit

Mit den empirischen Rekonstruktionen zum Schüler:innenhabitus lässt sich nachzeichnen, dass eine lineare Sicht auf die Entstehung und Reproduktion von Bildungsungleichheit zu kurz greift. Konkret kann mit dem hier vorgestellten Zugang gezeigt werden, dass es soziale Interaktionslogiken und Passungsprozesse gibt, die auf einer latenten Ebene bestimmte Schüler:innen ein- oder ausschließen können bzw. sie in einer Adaptionsdynamik drängen, bei der es jedoch letztlich auch um die Frage der In- oder Exklusion geht. Mit Blick auf die konkreten Fallrekonstruktionen der Studie lässt sich dies im Kontext der Thematik der meritokratischen Eigenverantwortung in schulischen Settings verdeutlichen. In allen drei Einzelfällen dieser Untersuchung verwiesen die Schüler:innen darauf, dass die neue Schule ihnen eine akzentuierte Verantwortung für ihren Übertritt und damit den Zugang zu höherer Bildung gab (ausführlicher siehe Pham Xuan 2023). Mit Blick auf die Thematik der schulischen Eigenverantwortung schärft sich so eine weitere implizite Ebene der standort- und schulformspezifischen Normalitätserwartungen – im Sinne des sekundären Habitus. Je nach habitueller Anschluss- und Leistungsfähigkeit finden sich neue Oberstufenschüler:innen demnach in einer Passungsdynamik, bei der es eine zentrale Frage ist, wie sehr akzentuiert die aufnehmende Schule das meritokratische Leistungsprinzip fokussiert bzw. wie gut die neuen Schüler:innen in der Lage sind, diesem Ideal zu entsprechen. In diesem Kontext findet sich auch bei Helsper und Kolleg:innen (2018, 463) ein allgemeiner Habitustyp, den die Forscher:innengruppe als „Schülerhabitus der Spannung zwischen schulischer Notwendigkeit und Schulfremdheit“ bezeichnen. Diesen Schüler:innen fehlen

„Enaktierungspotenziale, um sich mit den schulischen Anforderungen auseinandersetzen zu können. Dem Bekenntnis zur Notwendigkeit der Investition in das schulische Spiel und der Bekundung, nicht versagen oder scheitern zu wollen, entspricht also keine lebenspraktische Umsetzung. Die Schule bleibt sowohl bezüglich inhaltlicher Bildung, der Umsetzung von Leistungsorientierung sowie der Enaktierung bezüglich der schulischen Anforderungen ein eher fremder Raum. Das Bekenntnis zum meritokratischen Prinzip bleibt bei ihnen ohne lebenspraktische Konsequenz, wird nicht enaktiert und führt im gymnasialen Feld zur drohenden Exklusion.“ (Helsper et al. 2018, 463)

Mit Blick auf eine solche spezifische (Nicht-)Ausprägung einer habituellen Disposition der schulischen Eigenverantwortung zeigt sich, „dass diejenigen besondere Bildungsrisiken tragen, deren (milieu- und genderbezogener) Habitus in Konflikt zur jeweiligen Schulkultur steht“ (Budde 2012, 25). Dabei gilt es jedoch kritisch zu reflektieren, dass solche akzentuierten Erwartungen der Institution und ihrer Professionen (Lehrkräfte) jene Perspektiven verschleiern, dass nicht alle Schüler:innen in der Lage sind bzw. sein können, eigenverantwortlich und autonom mit dieser schul- und leistungsbezogenen Verantwortung umzugehen bzw. diese habitualisiert haben. Nach Stojanov (2011) können Schulen solche Normalitätserwartungen nicht voraussetzen, denn es ist nämlich in erster Linie ihre Aufgabe, die Schüler:innen in ihrer Entwicklung eines eigenverantwortlichen und autonomen Umgangs mit bspw. Leistung zu unterstützen. Des Weiteren schreibt Stojanov (2011, 23–24):

„Dieser offensichtliche, logische Widerspruch hat schwerwiegende normative Folgen, denn er verschleiert, dass Ungleichheiten in den Lebenschancen, [die entweder schon vorher bestanden oder] die durch schulische Bildung hervorgebracht werden, nicht als ‚selbstverdient‘, bzw. als ‚selbstverschuldet‘ legitimiert werden können, [wie dies dennoch bei der] frühkindliche[n] schulische[n] Auslese, so wie [es in mehrgliedrigen] Schulsysteme[n], praktiziert wird, [der Fall ist].“

In diesem Zitat manifestiert sich jener Missachtungsmechanismus, der im Kontext der je spezifischen kulturellen Passung des primären schulischen Habitus einer Schülerin bzw. eines Schülers mit den Anforderungslogiken und Erwartungshaltungen der Institution Schule zu diskutieren ist. Bildungsinstitutionen müssen demnach auch aus einer macht- und herrschaftsanalytischen Perspektive betrachtet werden und damit geraten „Schulen [...] als Elemente eines Regimes der Normalität in den Blick, welches das Feld des Sozialen kartiert und bestimmte Lebensentwürfe nobilitiert, andere hingegen diskreditiert“ (Grabau/Rieger-Ladich 2020, 498). Mit Fokus auf das in dieser Studie verhandelte Differenzmerkmal der sozialen Herkunft zeigt sich somit eine Art klassistische Anerkennungsproblematik, die bereits bei Bourdieu (1992) eine entscheidende Rolle gespielt hat. Nach ihm zeigen sich solche Phänomene besonders in der Institution Schule, denn „[s]obald die Vertreter der unteren Klassen dort ihre Sprache anbieten, bekommen sie schlechte Noten“ (Bourdieu 1992, 40). In diesem Zitat manifestiert sich letztlich der Mechanismus der negierten Würdigung der weniger privilegierten Herkunftsmilieus und deren sozialen Praxen. Nach Wellgraf (2014, 307) „werden diese Entwicklungen [in der Schule] nicht abgeschwächt sondern verstärkt, da die schulischen Bewertungsmaßstäbe an bürgerlich-nationalstaatlichen Normalitätsvorstellungen orientiert sind“. Somit zeigt sich, dass Phänomene der Bildungsungleichheit zwangsläufig auch aus einer schichtspezifischen Gesellschaftsperspektive betrachten werden müssen, da die Schule als Institution inkl. ihrer innerschulischen Organisation aus den Vorstellungen und Idealen der Mittel- bzw. Oberschicht entspringt (Bourdieu 1987; Lipkina 2019). Schule agiert demnach als Sozialisationsraum, in dem institutionelle und personelle Strukturen mit den habituellen und biographischen Gegebenheiten der Schüler:innen verschmelzen und dies wiederum von Macht- und Ohnmachtsdynamiken begleitet wird (Deppe 2020; Thiersch et al. 2020). Auf institutioneller Ebene kann im Kontext von Phänomenen der Bildungsungleichheit somit auch von strukturellen Benachteiligungen bzw. Diskriminierungen gesprochen werden (Hummrich 2017), welche für die Differenzmerkmale soziale Klasse und/oder Migrationsgeschichte bereits diskutiert und nachgewiesen werden konnten (Bonefeld/Dickhäuser 2017; Gomolla/Radtke 2009). Gerade aus einer konflikttheoretischen Perspektive kommt der Institution Schule „[b]ei [der] Stabilisierung des sozialen Raums, also der Sicherung der jeweils bestehenden sozialen Ordnung, [...] eine entscheidende Rolle zu, nämlich jene der Mittäterschaft“(Kramer 2013, 120). Abschließend ist daher festzuhalten, dass dem Erziehungs- und Bildungssystem Mechanismen der Diskriminierung und Missachtung konstitutiv eingeschrieben sind (Hummrich 2017) und Schüler:innen nicht gänzlich allein für ihre (ggf. misslungene) Schulbiografie verantwortlich sind bzw. gemacht werden können. Diese Perspektivenerweiterung ist insbesondere deshalb hervorzuheben, weil im Diskurs um Phänomene der Bildungsungleichheit die Frage nach der Verantwortung meist ohne Blick auf die Institution und ihre Professionen beantwortet wird. Ein Beispiel dafür ist eine regionale Tageszeitung in Österreich, die nach dem Erscheinen des letzten nationalen Bildungsberichts und der erneuten Feststellung, dass der Bildungserfolg nach wie vor stark mit dem sozioökonomischen Hintergrund der Kinder zusammenhängt, schreibt:

„Mögliche Gründe dafür sind die unterschiedliche subjektive Einschätzung der Kosten des Schulbesuchs, die unterschiedliche Einschätzung der Chancen für den Erfolg in einer formal höheren Schule oder der Wert von Bildung an und für sich in der jeweiligen Gruppe.“ (Tiroler Tageszeitung vom 30.12.2021)

Dass die Institution selbst eine eigenständige Rolle bei der Entstehung und Reproduktion von Ungleichheitsphänomenen spielt, wird in keiner Weise berücksichtigt oder (medial) diskursiv verhandelt.

Aus einer methodologischen Perspektive lässt sich abschließend festhalten, dass Schulleistungen und Bildungsentscheidungen als Ausdruck derselben Generierungslogik zu verstehen sind, die durch das relationale Zusammenspiel von sozialen Existenzbedingungen und inkorporierten Wissensstrukturen hervorgebracht wird (Kramer 2013). Schulische Entscheidungen, die im Kontext von Schulübergängen und hier spezifischen Schulformwechseln von der Familie und den Schüler:innen in mehrgliedrigen Unter- und Oberstufenstrukturen deutschsprachiger Schulsysteme getroffen werden müssen, sind immer schon Ausdruck von schulischen und leistungsbezogenen Bildungseinstellungen und Haltungen, die auf der Ebene eines impliziten Wissens – also dem Habitus – zu suchen sind (Kramer 2013). Das Theoriegebäude von Boudon greift insofern zu kurz, als sowohl die primären als auch die sekundären Herkunftseffekte auf einer sekundären Analyse- bzw. Betrachtungsebene zu verorten sind, denn „Fähigkeiten, Schulleistungen und die Wahrnehmung und Deutung des gegliederten Schulsystems (die Bildungsentscheidungen!) sind Ausdrucksformen und Dokumentationen, die auf einer primären Ebene hervorgebracht werden“ (Kramer 2013, 130). Diese primäre Ordnungsebene ist als Beziehungsgefüge zwischen objektivierten Institutionen und Strukturen und „den als Habitus oder Haltung [...] vorliegenden Inkorporierungen zu bestimmen“ (Kramer 2013, 130). Schulbiografische Entscheidungen sind somit als ein Oberflächenphänomen zu verstehen, aber in ihnen liegt wenig Potential zur Aufklärung im Sinne eines Verursacherprinzips (Kramer 2013).

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[1] Siehe auch Dietrich et al. (2013, 23).

[2] In einer dritten Passage wurde eine sich ergebende Habitusdisposition der Notwendigkeiten mit geringer schulischen Bedeutungszumessung rekonstruiert.